„Die Schafe sind freitags gekommen und wir hatten nur noch zwei Tage, um den Zaun fertig zu bekommen, damit sie gleich das ganze Gehege nutzen konnten“, berichtet der elfjährige David. Denn beim Zaunbau konnten die Kinder bereits selbst mit Hand anlegen. „Das war anstrengend. Das Drahtgitter war das Schwierigste, da musste man stark dran ziehen“, verdeutlicht der 14-jährige Dennis. Weil zwei der fünf Krainer Steinschafe nach Pippi Langstrumpf und Michel aus Lönneberga benannt sind, hat der neue „määähgical place“ auf dem Schulgelände den Namen Villa Kunterbunt erhalten. Auch drei Gotlandschafe sind Dank der finanziellen Unterstützung der Stiftung Bildung hier eingezogen und müssen nun täglich versorgt werden. „Wichtig ist, dass es nachhaltig ist. Dass das Engagement auch am Wochenende und in den Ferien hochgehalten wird“, weiß Schulleiter Uwe Brecher. Schließlich hat man am Campus in dieser Hinsicht bereits Erfahrungen bei den Hühnerdiensten aber auch der Gemüse-Ackerdemie gesammelt.
Die Schüler packen tatkräftig mit an
Jetzt haben sich immerhin mehr als 50 Kinder von der Grundstufe bis zur neunten Jahrgangsstufe an den Vorbereitungen für den Einzug der Schafe beteiligt. „Für Tiere baue ich gerne“, erklärt der 15-jährige Lilian. Der Verlauf des Zaunes sei eigens so gewählt worden, dass das Knotengeflecht, das auch kleinen Kindern einen guten Blick ins Gehege ermöglicht, möglichst gut abschließt. Schließlich sind hier vier Mutterschafe und vier Lämmer eingezogen, welche nicht viel Platz brauchen, wenn sie ausbüxen wollen. Nicht umsonst ist in der Nähe der Villa Kunterbunt eine Eibe entfernt worden, damit die Tiere nicht Gefahr laufen, sich daran vergiften. „Wahrscheinlich muss über den Sommer auch ein bis zwei Mal der Weidezaun umgestellt werden. Sie haben schon ziemlich viel weggefressen“, vermutet Lilian. Im Gegensatz zum Zaun des Geheges, führt dieser elektrischen Strom. Manche Schüler, die sich um die Schafe kümmern, übernehmen auch Hühnerdienste. „Bei denen geht die Arbeit schneller, aber mit den Schafen kann man besser kuscheln“, urteilt die 13-jährige Sophie.
Wenn die Wiederkäuer denn in der Stimmung dazu sind. „Das ist ein schönes Lernfeld. Die Kinder können erleben, wie sich ihr Verhalten auf die Tiere auswirkt. Je mehr sie die Schafe streicheln wollen, desto mehr gehen sie weg. Je mehr sie sich zurücknehmen und selbst kontrollieren, je eher klappt es“, erklärt Yvonne Wrabetz, die Leiterin des Kinderhauses. Seit zwei Jahren ist sie an den Vorbereitungen des Projekts beteiligt, in deren Rahmen sogar zwei Arbeiten verfasst worden sind. Julia Specht hat sich im Rahmen ihres Referendariats damit auseinander gesetzt, das nach der Montessori-Pädagogik ausgerichtet ist. Campus-Lehrerin Katja Neinert wiederum hat das Projekt zum Abschluss ihrer Ausbildung als Fachkraft für tiergestützte Intervention behandelt. „Schafe habe ein ganz feines Gespür für die Herde. Wenn ein Tier Angst hat, wissen es die anderen sofort. Und wenn sie uns Menschen in die Herde aufnehmen, haben sie auch ein ganz feines Gespür für unsere Stimmung“, weiß Neinert. Nur einer von vielen Vorteilen, die die neuen Mitglieder der Schulgemeinschaft mitbringen. „Sie ermöglichen ein Förderangebot, was Kinder mit besonderen Bedürfnissen angeht, das man sonst nicht hinbekommt. Hier können sie selbstständig handeln, das ist gut für die Persönlichkeitsentwicklung. Außerdem geht es um Respekt und Achtsamkeit“, erklärt Schulleiter Brecher. Schließlich steht das Wohl der Tiere bei dem Projekt an erster Stelle.
Material sinnvoll einsetzen
Bemerkenswert ist aber auch, dass dabei Aspekte der Kreislaufwirtschaft zum Tragen kommen. So ist der Stall komplett aus Holzresten gebaut. Ein Teil stammt aus der Seitenverschalung einer Gebäudewand, die durch den inzwischen hier angrenzenden Neubau der ersten Sporthalle am Campus Klarenthal nun nicht mehr benötigt wird. Außerdem sind ein nicht mehr benötigtes Baustellengerüst sowie ein Regal weiterverwendet worden. Über den Schafmist wiederum wird man sich im benachbarten Tatengarten freuen. Und die Wolle der Herde soll künftig in der Gemüse-Ackerdemie zum Einsatz kommen. Hier hat man bereits gute Erfahrungen mit Schafwolle als Schneckenschutz gemacht, die anschließend als Dünger untergegraben wird. „Langfristig wollen wir die Schafe selber scheren und auch die Klauen selber schneiden“, berichtet Neinert. Zudem sind zwar die männlichen Lämmer kastriert worden. Es könnte aber eine Option sein, die Auen in Zukunft einmal decken zu lassen, um so für Nachwuchs in der Herde zu sorgen. (Text: Hendrik Jung, Fotos: EVIM)