Laura Labart war Führungskraft in der Pharmaindustrie, lebt in Helsinki, ist seit dem Frühjahr im Ruhestand und singt im deutsch-finnischen Chor. „Ich wollte nach dem Renteneintritt etwas Sinnvolles machen, vorzugsweise in Deutschland, weil ich mein Deutsch verbessern möchte“, sagt sie. In Finnland wird in der Schule Deutsch unterrichtet, es gibt auch eine große deutschsprachige Community. Doch Laura Labart zog es nach Deutschland. Eine Mitsängerin gab ihr den Tipp, es mal in Wiesbaden bei EVIM zu versuchen, denn dort gibt es sehr viele sinnvolle Ehrenämter. „Ich dachte zunächst, ich gehe in ein Seniorenheim und arbeite mit Demenzkranken“, berichtet die Finnin. Aber auch bei Andrea Walter, verantwortlich für das EVIM Programm mit interkulturellen Patenschaften „Be welcome“, bestand die Möglichkeit für ehrenamtliches Engagement. „Ich habe immer eine lange Warteliste von geflüchteten Menschen, die ihre Alltags-Sprachkenntnisse verbessern möchten und teilweise auch Hilfe bei Behördengängen und ähnlichen Dingen brauchen“, sagt Walter. Als Laura Labart auftauchte, die, obwohl keine deutsche Muttersprachlerin, doch hervorragend Deutsch spricht, war es gleich klar, dass sie hier einsteigen konnte. Und Andrea Walter vermittelte ihr gleich vier „Tandempartner“.
Von ihnen sind zwei bereit, Auskunft zu geben: Olga aus der Ukraine, seit zwei Jahren in Deutschland, und Azmat aus Afghanistan, seit einem Jahr hier. Der junge Mann geht zur Schule, hat in seiner Heimat gelernt, Nähmaschinen zu reparieren und würde gerne eine technische Ausbildung machen – oder Krankenpfleger werden. Olga, schon etwas älter, ist Mathematikerin und hat bereits B2-Sprachniveau. „Ich möchte gerne an einer Schule unterrichten, aber das geht hier anders als in der Ukraine“, hat sie erfahren. Vor allem brauche sie richtig gute Deutschkenntnisse. In den offiziellen Kursen, da sind sich beide einig, kommt das alltägliche Sprechen zu kurz. Und deswegen ging Laura Labart einmal pro Woche jeweils zu zweit mit ihren „Tandempartnern“ spazieren, im Park oder ins Eis -Café. Einfach reden“ – das sei das Wichtigste. Und da können auch alle von Fortschritten berichten. Labart hat sich drei Monate Zeit in Deutschland gegeben, diese sind demnächst vorbei. Die vier „Be welcome“-Patenschaften waren ihr nicht genug, sie habe noch dreimal pro Woche bei der Tafel ausgeholfen, berichtet sie. „Und trotzdem noch sehr viel gesehen von Wiesbaden, dem Rheingau, Frankfurt und so weiter.“ Ihre Familie habe ihr Vorhaben unterstützt, der Ehemann sei zwischendurch zu Besuch gekommen. Was nun aus den vier von ihr Betreuten wird? „Wir bemühen uns, Anschluss zu finden und haben auch schon Ideen“, sagt Andrea Walter, „aber grundsätzlich gibt es immer viel Bedarf.“ Damit wirbt sie um Menschen, die dieses spannende, sinnvolle und nicht zu zeitaufwendige Ehrenamt ausüben möchten. Seit 2015 gab es bereits rund 380 „Be welcome“-Patenschaften, derzeit sind rund 50 aktiv. Sie dauern manchmal jahrelang an, manchmal seien sie auch nur kurzfristig, so Walter, die sich stets Mühe gibt, ein gutes „Match“ zwischen den beiden Partnern einer Patenschaft zu finden. Die Themen können unterschiedlich sein, ein Schwerpunkt ist in allen Fällen die Sprachpraxis. „Auch ich habe viel gelernt“, sagt Laura Labart zum Abschied – Deutsch, aber auch viel über sich selbst. „Es war eine gute Zeit“, sagt die Finnin, die sich vielleicht in ihrem Heimatland nun auch in der Flüchtlingshilfe engagieren möchte. Auf jeden Fall aber weiter im deutsch-finnischen Chor singen. (evim, abp/hk)