Das Projekt der Lorenz-Stiftung in Kooperation mit EVIM hat zum Ziel, das Miteinander in Achtung und Respekt zu fördern: zwischen Profis und Amateuren, zwischen den Generationen, zwischen Menschen mit und ohne Beeinträchtigung und über alle sozialen Schichten hinweg. Über einhundert Schülerinnen und Schüler aus sechs Frankfurter Schulen sowie tanzbegeisterte Klientinnen und Klienten der EVIM Behindertenhilfe kamen Anfang November beim Kick-Off zusammen, um einander kennenzulernen.
Ein hochaktuelles Thema
Der international renommierte Choreograph und Tanzpädagoge Miguel Zermeno führt erneut Regie und übernimmt die Inszenierung. Mit souveräner Hand brachten er zusammen mit seinem erfahrenen Team die sehr heterogene Gruppe miteinander ins Spiel, in Bewegung und in einen lebhaften Austausch. Aufwärm- und Konzentrationsübungen wechselten sich mit „Tanzen für den Spaß“ ab. Zermeno, der deutschlandweit erfolgreich Tanzprojekte an Schulen begleitet, ist mehr als ein Glücksfall. „Er ist einmalig“, sagt Heinz-Jürgen Lorenz, Gründer der gleichnamigen Stiftung und „Überzeugungstäter“ für Inklusion und Integration in der Gesellschaft. Zu seinem Team gehört auch TV Moderator und Drehbuchautor Juri Tetzlaff, der das Libretto verfasst hat und bei der Umsetzung des Schauspiels unterstützt. Die Handlung bezieht sich auf die biblische Geschichte vom Turmbau zu Babel. Gott bestraft die Menschen wegen ihrer Selbstüberschätzung, indem er eine Sprachverwirrung unter ihnen stiftet. Es kommt zu unüberwindbaren Verständigungsschwierigkeiten. Das Bauprojekt wird aufgegeben. Die Menschen werden in Folge über die ganze Erde verstreut. Erfindungsreich versuchen sie immer wieder, diese Barrieren zu überwinden und scheitern daran bis in die heutige Zeit. Trotz der Fülle an Kommunikationsmöglichkeiten werden Austausch und Verständigung unter den Menschen immer komplizierter. „Das Thema ist hochaktuell“, ist nicht nur der Stiftungsgründer überzeugt. Daher lautet der Untertitel für dieses Projekt: „Miteinander reden ist Gold“.
Eine faszinierende Erfahrung
Das wurde beim Kick-Off verwirklicht. In kleinen, gemischten Gruppen kamen die Teilnehmer:innen locker ins Gespräch. Neben den ‚großen Fragen‘ zum Projekt plauderten sie munter drauflos. Kinda und Meinda (10) fragten die erwachsenen EVIM Akteure zum Beispiel nach ihren Hobbys, ihrem Alter, ihrer Lieblingsfarbe und ihrer Familie. Selma freut sich darauf, dass alle hier zusammenarbeiten und sich nicht streiten. Wie andere Kinder auch findet sie die Vorstellung, auf der Bühne zu stehen und von allen gesehen zu werden, ein bisschen peinlich. Katharina Weil, Tanztherapeutin bei EVIM, erzählt von ihren Erfahrungen und ermutigt sie. Für Levio, einen Schüler einer achten Klasse, ist es wichtig, dass „alle zusammen in einer Gruppe sind und keiner benachteiligt wird.“ Und die Tigers - eine Tanzgruppe vom EVIM Schlockerhof – fallen Miguel beim Wiedersehen vor Freude um den Hals. Sie sind glücklich, zum dritten Mal dabei zu sein. „Miguel ist der beste Trainer“, so ihr Fazit.
Für die Kinder und Jugendlichen sowie die meisten Lehrer:innen ist das unglaubliche Tanzprojekt eine ganz neue Erfahrung. Fasziniert erleben die Pädagoginnen, wie begeistert ihre Schülerinnen und Schüler mitmachen. Bettina Bechler unterrichtet an der Grunelius-Schule, die mit zwei Klassen beteiligt ist. Das Projekt sei eine einmalige Chance: „Alle gemeinsam zu sehen, das macht was mit allen.“ Auch Björn Bätz, seit drei Jahren Geschäftsführer der EVIM Behindertenhilfe, spürt die Begeisterung und die Energie im Raum. Er freut sich darauf, dabei zu sein und mitzuerleben, was entsteht.
Das Projekt möchte erneut Zeichen setzen. Verständigung unter den Menschen zu erreichen, sei immer ein lohnendes Ziel, aber auch ein „endlos langer Weg“, so Heinz-Jürgen Lorenz. Daher sind die Tanzprojekte nicht nur für ihn enorm bedeutsam: „In einer Welt in Aufruhr sind sie wichtiger denn je.“
Beim Abschied gibt er den Mitwirkenden eine Erfahrung aus dem weltbekannten Tanzprojekt „Rhythm is it“ mit auf den Weg: „You can change your life in a dance class – du kannst dein Leben durch ein Tanzprojekt ändern“. Dies wünsche er allen, die sich hier gemeinsam auf den Weg machen, um über Tanz, Ausdruck, Bewegung und Musik eine gemeinsame Sprache zu finden. (hk)