An ihrem ersten Arbeitstag bei EVIM hätte Patricia Schirling (2.v.l.) sicher nicht geglaubt, dass sie sich 14 Jahre später mitten im Vollzeitpräsenzstudium an der Hochschule Rhein-Main befinden würde. Soziale Arbeit, Bachelorthesis, Kolloquium – für die ausgebildete Hotel- und Personalkauffrau lag all das noch in weiter Ferne. Aber, vielleicht auch nicht, denn ‚Bewegung‘ im Berufsleben ist ihr eine Herzenssache.
Patricia Schirling begann ihren Dienst zunächst in der zentralen Gehaltsabrechnung (ZGAST). Hier konnte sie „supergute Erfahrungen“ machen, die sie in ihrer weiteren beruflichen Entwicklung voran brachten. Intuitiv merkte sie frühzeitig, wie wichtig ihr der unmittelbare Kontakt mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern war. „Die Arbeit mit Menschen fasziniert mich einfach“, sagt die 48-Jährige mit strahlenden Augen. Das habe sie immer motiviert, neues auszuprobieren. Als sich ihr 2007 die Möglichkeit bot, innerhalb des Vereins in die EVIM Behindertenhilfe/Bereich Gemeindepsychiatrie zu wechseln, zögerte sie nicht und erlebte ein neues Tätigkeitsfeld, das sie sich voller Energie, mit Offenheit und Tatkraft zu eigen machte. Durch die Vakanz in der Hauswirtschaft des Wohnheims Kapellenstraße übernahm sie diese für 14 Monate in Elternzeitvertretung. Sie entdeckte dort, wie gut sie ihre Stärken und Fähigkeiten in der direkten Betreuung von Menschen mit psychischer Erkrankung einbringen konnte. „Diese Erfahrung war außerordentlich prägend“, so Patricia Schirling. Sie habe vieles „aus dem Bauch heraus“ richtig gemacht. Mit ihrer Leidenschaft fürs Kochen und Backen konnte sie den Klienten wertvolle Hilfe sein und lebenspraktische Unterstützung anbieten.
Flexibel in vielen Bereichen
In dieser Zeit festigte sich ihr Wunsch, sich beruflich neu zu orientieren und dafür die noch fehlenden fachlichen Kompetenzen in der Betreuung zu erwerben. Dieser Schritt sollte wohlgeplant und gut strukturiert sein – sowohl für sie selbst, für ihre Familie als auch für die Einrichtung. Da der Stellenplan zu jener Zeit kaum Lücken vorwies, setzte sie weiter ihre profunde Kompetenz im administrativen Bereich zum Wohle ganz unterschiedlicher EVIM Einrichtungen ein: in der Gemeindepsychiatrie, im Wohnpflegehaus und im Ludwig-Eibach-Haus. In dieser Zeit arbeitete sie sich rasch in die administrativen, betreuungsrelevanten Themen ein und sammelte so berufliche Erfahrungen, die ihr erneut bei ihrem künftigen Ausbildungsweg von Nutzen sein sollten.
Der richtige Zeitpunkt
Die große Chance zum beruflichen Neuanfang bot sich ihr mit der Etablierung des ambulant betreuten Wohnens für junge Menschen mit einer psychischen Erkrankung (‚Junges Wohnen‘). „Dieser Bereich war für mich wie gemacht“, freut sich Patricia Schirling noch heute, wenn sie an diesen glücklichen Neustart im Jahr 2012 zurückdenkt. Sie unterstützte und begleitete die Bewohner in der Tagesstruktur. Ihr Faible für leckere Rezepte konnte sie hier wieder gut einsetzen und mit den jungen Menschen Selbstständigkeit trainieren. Die besondere Herausforderung, die die Arbeit auf Grund des Lebensalters und der Schwere der Erkrankung der Klienten aufweist, ist für die jugendlich wirkende Frau und Mutter von zwei erwachsenen Kindern vor allem motivierend und inspirierend. „Es ist einfach spannend zu erleben, wie junge Menschen, die selbst noch viel in Bewegung sind, ihre Ressourcen mobilisieren und so ihr Leben verändern können“, sagt Patricia Schirling. Man glaubt ihr sofort, dass sie, die selbst bewegt bleiben will, hier einen Traumjob gefunden hat. „Die Arbeit, das Team – hier stimmt einfach alles für mich“, ist Patricia Schirling überzeugt.
Rückenwind von einem tollen Team
Überzeugt ist sie auch, mehr erreichen zu wollen. Von 2012 bis 2014 absolvierte sie daher eine zweijährige berufsbegleitende Weiterbildung bei Prof. Dr. Reinhard Peukert, die sie darin bestärkte, den pädagogischen Alltag in der direkten Betreuung mit den notwendigen sozialwissenschaftlichen Grundlagen zu vervollständigen. Einrichtungsleiterin Lucia Lewalter-Schoor und Teamleiter Christian Kröll fördern sie auf ihrem Berufsweg nach Kräften. „Die EVIM Behindertenhilfe erklärte sich bereit, die Studiengebühren zu übernehmen“, so Schirling, die für diese finanzielle Entlastung sehr dankbar ist. Damit stand der Aufnahme des Studiums nichts mehr im Wege. Mit einer echten bunten Schultüte und allen guten Wünschen nahm sie 2014 ihr Vollzeit-Präsenzstudium auf. „Die Unterstützung, die ich durch den Arbeitgeber und das ganze Team erfahre, ist einfach Klasse!“ Die Kollegen nehmen bei der Dienstplangestaltung Rücksicht auf ihre Präsenzzeiten an der Hochschule. Sie selbst sichert in den Ferienzeiten ab, dass die Kollegen Urlaub nehmen können oder sie übernimmt Abendtermine in der Betreuung.
Lucia Lewalter-Schoor hebt die schnelle Auffassungsgabe und die hohe soziale Kompetenz von Patricia Schirling hervor, die sie besonders für einen sozialen Beruf prädestinieren. „Aber eigentlich“, freut sich die Einrichtungsleiterin, „ist sie in beiden Jobs einfach toll!“ Vielleicht, sagt Patricia Schirling lachend, macht EVIM eines Tages ein Hotel auf und sie kann dort mit Klienten den Betrieb mit absichern. Dann könnte sie ihre drei Professionen zusammenbringen. So viel Bewegung wäre ihr sicher zuzutrauen.
Foto: Patricia Schirling, 2.v.l., mit ihren Teamkolleg/innen (v.l.n.r.): Vincent Maronde, Daniel Schwarz, Desiree Schwarz und Teamleitung Christian Kröll. Sabrina Träger und Julian Gabor sind nicht mit auf dem Foto.