(v.l.n.r.) Judith Horst, Nima Haghighat und Sonja Pfleger setzen sich für Chancengleichheit für die jüngsten Schulkinder ein.

Eine Schülerin malte ein Bild für Frau Horst, die für sie als Schülerassistentin da ist.

Chancengleichheit bei Schulbeginn wirksam unterstützen

Nicht allen Kindern fällt der Übergang vom Kindergarten in die Grundschule leicht. Manche brauchen etwas mehr Unterstützung, damit sie vom ersten Schultag an gut zurechtkommen können. Dafür sorgt das Projekt „Chancengleichheit bei Schulbeginn“ der Ambulanten Hilfen Mainz der EVIM Jugendhilfe, das aus einer Kooperation mit der Mainzer Bürgerstiftung, vertreten durch Dr. Wolfgang Petereit, entstanden ist. Deren finanzielle Unterstützung macht die Projektarbeit bis heute möglich. Damit auch in Zukunft möglichst vielen Kindern geholfen werden kann, suchen die Akteure weitere Sponsoren.

 

Das Projekt wird zum 14. Mal in Folge und auch in diesem Jahr an fünf Mainzer Grundschulen durchgeführt. Schulassistent:innen betreuen während des ersten Schuljahres Kinder in ihrem Klassenverband, die Schwierigkeiten haben, die Anforderungen im ungewohnten Schulalltag zu meistern. Damit verhilft das Projekt ihnen zu mehr Chancengleichheit – wie es im Projektnamen heißt – vom ersten Schultag an. Das Besondere an diesem Angebot ist, dass es eine Lücke in der Präventionsarbeit schließt, sagt Sonja Pfleger, Regionalleitung Mainz der EVIM Jugendhilfe. Denn die Hilfe setzt zu einem Zeitpunkt an, bevor Problemlagen sich verfestigen könnten. Die Fachexpertin hatte das Projekt 2009 federführend auf den Weg gebracht. Es sei ein „sehr frühzeitiges“ Hilfsangebot, das dazu beitragen kann, Kindern das Gefühl von Ausgegrenztheit und Angst vor dem Scheitern zu ersparen.

Ein Team aus Pädagogik- und Lehramts-Student:innen sowie Fachkräften der EVIM Jugendhilfe begleitet das Projekt. „Wir schauen genau hin, um mögliche Problemlagen für das Kind, die Klasse und die Gemeinschaft gar nicht erst aufkommen zu lassen. Unser Ansatz ist, dem Kind zu helfen, seine Ressourcen zu erkennen, es zu fördern und Kernkompetenzen im laufenden Schulalltag zu stärken“, hebt Sonja Pfleger hervor. Die Art der Begleitung sei so konzipiert, dass eine Stigmatisierung des Kindes von vornherein ausgeschlossen ist. „Wir haben die ganze Klassengemeinschaft im Blick. Im besten Fall merkt das Kind gar nicht, dass jemand für es da ist“, ergänzt Nima Haghighat, der Koordinator des Projekts. Der 37jährige hatte Erziehungswissenschaften und Philosophie studiert und beruflich mit beeinträchtigten Kindern gearbeitet. Während der Corona-Zeit wechselte er zu EVIM. „Das Projekt hat mich von Beginn an fasziniert“, so der Koordinator, der auch als Schulassistent im Einsatz war. Die für ihn bedeutsame Forderung der Humanisten nach einer „allgemeinen Bildung für alle“ sieht er darin besonders gut verwirklicht. Er ist sehr froh, dass Menschen wie Judith Horst mit im Team sind. Die 25jähre bereitet sich auf ihren Bachelor in Erziehungswissenschaften vor. Da ihr das Thema Bildungsgerechtigkeit besonders am Herzen liegt, passt das Projekt perfekt. Zwei Tage in der Woche ist sie als Schulassistentin für jeweils vier Stunden in einer Klasse. „Für die Kinder gehören wir praktisch dazu. Sie kommen mit ihren Fragen zu uns und wissen, dass wir ihnen helfen können“, berichten beide. Wie wichtig diese Unterstützung für Kinder ist, die zum Beispiel kaum Deutsch sprechen, erlebt Judith Horst immer wieder: „Wer die Aufgaben nicht versteht, kann auch keine Fragen formulieren und findet den Anschluss nicht.“ Erfolgserlebnisse seien daher nicht nur bessere Leistungen, sondern auch, wenn Freundschaften zwischen den Kindern entstehen. „Oder wenn ein Kind den Schulassistenten zu anderen schickt, weil es inzwischen allein zurechtkommt“, wie Nima Haghighat selbst erlebt hat und schmunzelnd berichtet.

Die begleiteten Kinder spüren, dass ihnen der Schulalltag mit der Assistenz leichter fällt. Davon zeugen nicht nur ihre Zeichnungen (Foto), sondern auch die Evaluationsberichte, die anonymisiert auf der Website der Mainzer Bürgerstiftung einsehbar sind. Zum Halbjahr schreiben die Schülerassistenzen zum Entwicklungsstand und dem Verlauf in der Zusammenarbeit jeweils einen Bericht. Für das zweite Schulhalbjahr kann eine Verlängerung der Begleitung eines Kindes beantragt werden. In der Vergangenheit wurde eine Weiterführung immer gewährt, was aus pädagogischer Sicht ein wahrer Segen ist, da sich die Unterstützung am Bedarf des Kindes orientiert.

Wie sinnvoll diese frühzeitige Präventionsarbeit ist, zeigt die Erfolgsquote. Bisher konnte 120 Erstklässler:innen geholfen werden. „Bislang haben 92,5 Prozent der geförderten Kinder die Versetzung geschafft“, berichtet Sonja Pfleger. In der Praxis habe Judith Horst allerdings auch erkannt, wie schwer es ist, echte Chancengerechtigkeit für alle förderungswürdigen Kinder umzusetzen: „Das braucht Zeit.“ Da der Bedarf wächst, wären Schulassistenten in jeder Klasse ideal, bestätigt auch Sonja Pfleger. Doch dafür braucht das ausschließlich spendenfinanzierte Projekt weitere und so hoch engagierte Unterstützer wie die Mainzer Bürgerstiftung, die im Schuljahr 2022/23 rund 23.000 Euro in die Förderung der Grundschüler:innen investiert. „Dafür sind wir von Herzen dankbar“, würdigt Sonja Pfleger die wertvolle, stetige Hilfe.

Die Begleitung pro Schule kostet im Jahr 5.000 Euro. Das sind ca. 200 Stunden pädagogische Begleitung für zwei Kinder im ersten Schulhalbjahr und ein Kind im zweiten Schulhalbjahr. Um das langfristig angelegte Projekt auch in Zukunft zu sichern, suchen die Akteure weiter Spenden und Förderer, die den jüngsten Schulkindern von Beginn an bessere Startbedingungen verschaffen wollen. (Heide Künanz)

Möchten Sie unser Projekt unterstützen? Ihre persönliche Ansprechpartnerin ist Frau Sonja Pfleger. Mobil:  +49(0)152 09 82 19 82 oder E-Mail: sonja.pfleger@evim.de

Weitere Infos finden Sie auch in unserem Flyer (PDF)