Einmal im Monat wird im EVIM Katharinenstift in Wiesbaden zum gemeinsamen, aktiven Hören eingeladen. Für die heute ältere Generation ist das eine vertraute Erfahrung aus der Kindheit und Jugend. Im Februar drehte sich alles rund um das Thema Kochen und Küche. Die Umgebung ist vorbereitet: auf dem Tisch liegen Utensilien wie eine Apfelreibe, ein Schneidebrett aus Holz und ein Kochbuch. Im Hintergrund steht ein Recorder. Dafür haben Dr. Gabriele Hofmann-Maibaum und Klaus Kremer gesorgt, die ehrenamtlich dieses externe und einzigartige Angebot in Wiesbaden begleiten. Mit dabei ist Anna Engmann, die im Katharinenstift auch für den Sozialdienst zuständig ist.
Erprobung in der Praxis
Alle drei haben sich gründlich auf ihren Einsatz vorbereitet und sich in einer dreitägigen Weiterbildung mit der Idee des Hörclubs vertraut gemacht. Weshalb das Konzept hervorragend geeignet ist, Menschen emotional anzusprechen, erläutert Dr. Hofmann-Maibaum, die die Koordination der Ehrenamtlichen bei der Wiesbadener Geschäftsstelle des VdK übernimmt: „Klänge und Geräusche sind wunderbar geeignet, um über Gefühle mit Menschen in Kontakt zu kommen.“ Das Besondere an diesem Konzept ist, dass das Zuhören nicht passiv, sondern durch Machen und Mitmachen gestaltet wird. Wie gut das funktioniert, zeigt sich im Katharinenstift, eine von aktuell vier Einrichtungen in der Erprobungsphase, die auf zwei Jahre angelegt ist.
Austausch über aktives Hören und Zuhören
Dort haben drei ältere Damen und ein Herr am Tisch Platz genommen und kommen recht schnell miteinander in Kontakt. Das gelingt durch die sensible Gesprächsführung der beiden Ehrenamtlichen, die an Hand der Küchenutensilien nur wenige Worte brauchen, um Erinnerungen aus der Kindheit wachzurufen, die von Krieg und oft genug von Hunger und Mangel geprägt war. Das erste Hörquiz schließt sich an: Abgespielt werden Toncollagen, die Kochgeräusche in den Raum transportieren. Wenn auch niemand das Rätsel lösen konnte – es handelte sich um die Herstellung von Popcorn am heimischen Herd – nehmen alle den süßen Duft wahr, der der frisch zubereitete Snack am Tisch verströmt, verkosten inklusive. Immer mehr Erinnerungen kommen auf: an Lieblingsrestaurants, an Geschlechterrollen im Haushalt damals und heute, an die schwere Arbeit rund um die Uhr, um die Familie zu versorgen. Passend dazu spielt Klaus Kremer sehr bekannte Lieder ab, die das Thema in der einen oder anderen Weise behandeln, darunter Gassenhauer wie „Das bisschen Haushalt macht sich von allein, sagt mein Mann“ oder Evergreens von Udo Jürgens wie „Aber bitte mit Sahne“, die Gertrud Honerath fast alle auswendig und vergnügt mitsingen konnte. Die Stimmung im Raum wird zunehmend gelöster und beim Sprichwörterquiz sind alle konzentriert dabei. Fast übergangslos meldet sich Johanna Elbert zu Wort und spricht über eine traumatische Erfahrung. Feinfühlig gelingt es den beiden Ehrenamtlichen, darauf einzugehen und ihre Erinnerungen aufzufangen. „Das ist auch ein Grund, weshalb wir stets als Tandem in die Gruppe gehen“, erklärt Dr. Hofmann-Maibaum. Das aktive Zuhören kann Erinnerungen triggern, die sich tief eingeprägt haben. Daher erhalten alle Ehrenamtlichen eine entsprechende Schulung. Bestens vorbereitet sind die Ehrenamtlichen auch durch das Material, das ihnen für die Gestaltung der Hörclub-Stunden zur Verfügung gestellt wird und das Klaus Kremer als das „Herzstück“ des Angebotes bezeichnet. Dazu gehören Anleitungsbücher, Folien, Klangcollagen und eine Liederauswahl zu den jeweiligen Themen. Insgesamt 14 Hörclub-Leiter:innen wurden geschult, die sich regelmäßig austauschen. „Mit jeder Veranstaltung werden wir sicherer, lernen die Teilnehmenden besser kennen“, sagen die beiden Aktiven. Das Angebot werde sehr gut angenommen, wie die Resonanz aus der Gruppe bestätigt. Man wolle wiederkommen, es habe Spaß gemacht, meinten die Damen und der Herr unisono. Die Ehrenamtlichen indes hoffen sehr, dass das Projekt nach der Erprobungsphase in den Seniorenzentren fortgesetzt werden kann. Das Angebot sei für die ältere Generation sehr wertvoll, denn das „Herz wird nie dement“. Aber auch für die Ehrenamtlichen sei es „eine schöne Aufgabe“, so Klaus Kremer: „Man nimmt viel mit.“ (hk)
Kontakt für ehrenamtlich Interessierte: Dr. Gabriele Hofmann-Maibaum, Tel.: 0611 45004 24, E-Mail: ehrenamt.wiesbadem@vdk.de