Anfang August machten die Initiatorinnen Station am Apartmenthaus des ServiceWohnens in der Johannes-Brahms-Straße. Das bedeutet 'Heimvorteil' für Cornelia Baumbach, die seit 20 Jahren bei EVIM auch als Koordinatorin im ServiceWohnen viel mit auf den Weg gebracht hat. Baumbach und Kelly haben im Frühjahr diesen Jahres die sechsmonatige Fortbildung “Digital Guides for Golden Agers“ über Berufswege für Frauen e.V. absolviert, um 'lebenserfahrenen Menschen', wie Kelly die Zielgruppe beschreibt, in digitalen Fragen zur Seite zu stehen. Das haben sie jüngst bei dem erfolgreichen digitalen Kulturpojekt humaK bewiesen (EVIM Magazin berichtete), das bei den Senioren (und Künstlern) großartig ankam.
Menschen im Quartier vernetzen
Auf die Idee einer Plauderbank kamen Baumbach und Kelly im Rahmen ihrer Weiterbildung. Mit diesem niedrigschwelligen Angebot wollen sie mit den vorwiegend älteren Anwohnern zwanglos ins Gespräch kommen und hören, was sie bewegt und welche Wünsche sie haben, damit sie sich zu Hause und im Quartier wohl fühlen können. Dabei informieren die Quartiersmanagerin und die Digitalpatin auch über das, was bereits alles angeboten wird und welche digitalen Möglichkeiten es im Alltag gibt.
An diesem Nachmittag im August kamen zunächst sechs Damen zur Plauderbank. Gut vorbereitet und mit vielen Fragen. Es ging um Vernetzung in der Wohnanlage, um eigene Ideen, neuen Mieterinnen das Ankommen zu erleichtern, um Veranstaltungen und Unterstützung im Alltag. Und auch ums „Digitale“. Die 87jährige Eva-Maria Seber möchte sich nicht damit zufrieden geben, dass ihre Angehörigen ihr von einem Smartphone abgeraten haben. „Ich will selbstständig bleiben und meinen Verstand nutzen“, sagt sie bestimmt. Als das „Digitale“ kam, sei sie leider schon im Ruhestand gewesen, bedauert sie noch heute. Kirsten Kelly macht der rüstigen Seniorin Mut. „Es gibt spezielle Geräte mit wenigen wichtigen Funktionen, um Mitteilungen zu schreiben, Internet und Telefon zu nutzen.“ Die Seniorin ist begeistert und beide vereinbaren, das auf den Weg zu bringen. Kirsten Kelly bestätigt, dass diese Anfrage kein Einzelfall ist. Erst vor kurzem sei sie von einer 91jährigen Frau angesprochen worden, ihr bei der Anschaffung eines Handys behilflich zu sein. Sie wollte mit ihren Freundinnen in Kontakt bleiben. „Das Interesse der Älteren rund ums Digitale ist sehr groß und damit auch der Bedarf an Unterstützung“, wissen die Digitalpatinnen zu berichten. Installation, Bedienung und Wartung der digitalen Helferlein erfordern Zeit, Geduld, Vertrauen und die richtige Ansprache. Besonders im Hinblick auf die geplante digitale Quartiersplattform, über die man die Anwohner noch besser und schneller informieren und vernetzen möchte. Bei diesem Projekt arbeite die EVIM Altenhilfe stadtweit mit weiteren Quartiersprojekten zusammen.
Riesiger Bedarf an Digitalpaten
Stolz ist Cornelia Baumbach auch darauf, dass ihr Antrag auf Förderung eines Digitalprojektes bewilligt wurde. Geplant ist eine Art Internet-Café, um einen regelmäßigen digitalen Anlaufpunkt für das Quartier zu schaffen. Daher ist die Ausbildung von noch mehr Digitalpaten in Zusammenarbeit mit der Stadt ein weiteres Ziel, dass sie sich gesetzt hat.
Bei allem Engagement für‘s Digitale sind Live-Angebote wie die Plauderbank nach wie vor unverzichtbar. „Als wir nach dem Lockdown erstmals zur Plauderbank eingeladen haben, war die Resonanz trotz heißer Sommertemperaturen enorm und das Wiedersehen in größerer Runde für alle sehr bewegend“, erinnern sich beide Quartiersgestalterinnen. Dort sprudelten auch Ideen unter den Teilnehmenden, wie die Gründung eines Stammtisches, der gleich am nächsten Tag in die Praxis umgesetzt wurde oder der Spielenachmittag. Dieser findet jetzt im neuen Café und Bistro Sonn(der)Bar statt, das richtig gut angenommen wird. Die Inhaberin, Sarah-Sophie Wagner, unterstütze die Quartiersarbeit sehr, freut sich Cornelia Baumbach. Überhaupt sei die Vernetzung der Akteure für die Fachexpertin das A und O, um älteren Menschen in vielerlei Hinsicht zu helfen. Daher hat die rührige Quartiersmanagerin Kontakt zur zuständigen „Beratungsstelle für selbstständiges Leben im Alter“ aufgenommen, um auch im Quartier Termine anzubieten. „Das wäre super, denn der Standort in der Schwalbacher Straße ist für die Senioren doch ein bisschen weit weg.“
Nach gut einer Stunde hat sich die Plauderstunde bei weiteren Seniorinnen herumgesprochen. Immer mehr kommen hinzu, sodass am Ende mehr als ein Dutzend Frauen miteinander im Gespräch sind. Hannelore Merforth (90) findet das Angebot "sehr interessant". Sigrid Romberg (80) lobt die Arbeit der Quartiersgestalterinnen. Alle nehmen aus dieser Runde den einen oder anderen praktischen Hinweis mit und eine Seniorin sogar ihr persönliches Digitalprojekt.
Foto: Koordinatorin Kerstin Eriksson, Quartiersmanagerin Cornelia Baumbach und Digitalpatin Kirsten Kelly (stehen vl.n.r.) haben bei der Plauderbank ein offenes Ohr für die Anliegen und Wünsche der Seniorinnen.