Der jüngste Gast war vier Monate, die älteste Teilnehmerin 82 Jahre alt. Der kleine Sohn einer sechsköpfigen Familie aus Afghanistan wurde hier in Deutschland geboren. Die Eltern, beide studiert in Finanzen und Administration, mussten ihr Land verlassen. Die Mutter hatte 11 Jahre lang als Ortskraft für eine Organisation gearbeitet. Ihr Leben war in Gefahr. Die Flucht gelang, das Ankommen ein langer Weg, der bislang drei Jahre währt. Ihnen steht Cora Diemer zur Seite, die durch den Ukraine-Krieg motiviert wurde zu helfen. Über die Vermittlung von Be welcome kam sie in Kontakt mit Familie A*. Bescheiden sagt sie „Man hilft, wo man kann.“ Frau A.* ist glücklich über die Gemeinschaft mit anderen im Projekt. Sie lobt die multikulturelle Atmosphäre und dass sie und ihre Familie von den Erfahrungen der anderen Geflüchteten lernen können. Ihnen gelang es sogar selbst, eine Wohnung zu finden. Ihr Mann fand ebenfalls durch eigene Bemühungen eine Arbeit als Lagerist in Mainz. Immer wieder betonen sie, dass sie hier ihren Kindern eine gute Zukunft bieten können, Sicherheit und Perspektiven. Nun wollen sie noch besser Deutsch lernen. Frau Diemer helfe ihnen sehr im Umgang mit Behörden. Dafür sind sie besonders dankbar.
Junge Menschen gesucht
Dass M.* am Be welcome Fest mit seiner Patin Helen teilnehmen kann, wäre vor einiger Zeit noch nicht möglich gewesen. Der zurückhaltende junge Mann ist Mitte dreißig und hat eine enorme Fluchtgeschichte hinter sich, davon 13 Jahre in Schweden, wo er zum Christentum konvertierte. Von dort kam er nach Deutschland. Ihm drohte die Rückführung nach Schweden und damit die Abschiebung nach Afghanistan. Die anglikanische Kirche in Wiesbaden hat ihn durch Kirchenasyl davor bewahrt. Mittlerweile lebt M.* in einer Flüchtlingsunterkunft und Kirchenvorständin Helen kümmert sich weiter engagiert um ihn. „Be welcome ist mit seinen langjährigen Erfahrungen und Netzwerken eine enorme Unterstützung“, weiß sie zu berichten. Durch ihre Bemühungen erhielt der junge Mann nun eine Freizeitkarte, um Wiesbaden kennenzulernen, Abwechslung zu finden in dem Alltag mit allen Sorgen und Nöten. „Toll wäre es, wenn ein anderer junger Mann mal mit M.* ins Schwimmbad ginge oder zum Kletterwald auf den Neroberg“, wünscht die Patin, damit er hier besser Fußfassen kann. Durch Kontakte mit jungen Menschen hätte er es leichter, ist sie überzeugt.
Auch Karin Müller kann viele Geschichten vom Ankommen erzählen, wie schwierig es ist, das selbst mit Unterstützung zu schaffen. Die 83jährige, überaus resolute Frau, begleitet seit vielen Jahren Menschen als Patin, darunter aus dem Iran, Syrien, der Ukraine. Sie ließe sich in dem nicht immer leichten Umgang mit Behörden nichts mehr vorschreiben: „Ich bin in einem Alter, in dem ich das machen kann.“ Sie hoffe sehr, dass sich die Gesellschaft bewegt, „aber es wird härter.“
„Doktor’s Döner“
Herr R.* könnte wie so viele andere ein ganzes Buch über das Ankommen schreiben. Seit vier Jahren versucht der ausgebildete Arzt in Deutschland zu arbeiten. Da er bei seiner Flucht aus der Türkei die Approbation nicht mitnehmen konnte, kann er das geforderte Dokument nicht vorlegen. Der Familienvater hat nun aus der Not eine Tugend gemacht. Da er gerne kocht, eröffnete er vor einigen Monaten ein Döner-Bistro in der Dotzheimer Straße. Der Name ist Programm: „Doktor‘s Döner“. Es sei gut besucht, das Brot backe seine Frau selbst. Nicht wenige der Festgäste sind schon dort eingekehrt.
Diejenige, die alle Fäden bei Be welcome zusammenhält, ist Andrea Walter. Sie koordiniert das Projekt bei EVIM seit fünf Jahren. Ihr Chef, Christopher Schmitt, dankte unter kräftigem Applaus der Teilnehmer seiner Mitarbeiterin für ihren besonderen Einsatz und informierte hocherfreut darüber, dass die Finanzierung des Projektes für weitere drei Jahre gesichert ist. An diesem Nachmittag konnte Andrea Walter auch Highlights berichten: zum Beispiel die Einbürgerung von zwei Personen und über das freiwillige Engagement von immer mehr ehemals begleiteter Menschen, die nun selbst als Paten für Neuankömmlinge da sind. Das sei für sie zukunftsweisend. Die Schwäbin, bekannt und wertgeschätzt bei vielen für ihre Begeisterung im Patenprogramm, konnte diese sogar wortwörtlich weitergeben. Ein junger Mann aus Syrien sei „begeischtert“ über das, was EVIM leistet. (hk)