Auf den Tischen stehen Schälchen mit Acrylfarbe, liegen Pinsel und Paletten, Leinwände unterschiedlicher Größe. Sogar Kinderstaffeleien sind vorhanden. Rundherum sitzen fünf Vorschulkinder, denen alle Utensilien vertraut sind. Assistiert werden sie von vier Studentinnen aus dem Fachbereich Sozialwesen, die die Theorie der Ästhetischen Bildung in der Praxis erproben und an der Hochschule wissenschaftlich auswerten. Das besondere bei diesen Projekt ist, dass das, was kreativ entsteht, nicht bewertet wird. „Das Werk ist, was es ist“, sagte Alexandra Abt, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachbereich Sozialwesen, Bereich Ästhetische Bildung, bei der Projektvorstellung vor Kita-Fachkräften und Eltern im vergangenen Jahr.
Kreativität fließen lassen
Ausnahmslos alle Fünf- und Sechsjährigen sind eine Stunde lang ganz bei der Sache und lassen ihrer Fantasie freien Lauf. Zielgerichtet wählen sie Farben aus, die ihre Palette füllen. Ewa zum Beispiel will ganz viel Orange und weiß genau, welche Farben sie dafür mischen muss. Als sie die Leinwand einfärbt, beginnt sie inniglich an zu singen. Ein Loblied auf ihre Lieblingsfarbe. Die Kreativität fließt in jeden Pinselstrich, so konzentriert ist sie dabei. Ein wenig später sagt sie: „Jetzt Pink“. Für sie ist klar, dass sie weiß und rot mischen muss. Dabei hilft ihr Aleyna, die, wie ihre Mitstudentin Nada im 2. Semester ist. Beide begeistert das Lernen im Projekt, das authentisch und ehrlich sei. Ihre Aufgabe ist es, den Kindern die Techniken mitzugeben und die Umgebung zu schaffen, damit sie kreativ werden können. Der sechsjährige Rawand ist der einzige Junge im Raum. Seine Lieblingsfarbe ist Blau, die auf der Leinwand dominiert. Mit einer Schere schneidet er Sterne und ein Herz aus, auch in Blau. So gestaltet er eine Collage, die er zum Schluss locker mit Glitzer verziert. Als für ihn das Werk fertig ist antwortet er auf die Frage, ob er weiter malen möchte, mit „Kein Bock“ und verlässt entspannt das Atelier. Ewa bemalt unterdessen unermüdlich Leinwand um Leinwand mit abstrakten Motiven. Ihr gegenüber sitzt Sadna, die eher gegenständlich malt. „Ein Nilpferd unter der Sonne“ ist ihr Plan. Aus dem Nilpferd wird später ein Schwein, das sei einfacher, sagt sie. Keine der Studentinnen greift in den Schaffensprozess ein, sondern hilft und unterstützt, damit Malen geschehen kann. Ende Januar finden die Fachgespräche zum Projektabschluss an der Hochschule statt. Jenny hat in der EVIM Kita wertvolle Erfahrungen gesammelt. Sie schwärmt von dem Projekt: „Hier erfüllt sich die Theorie mit Leben.“ Im Malspiel erlebte sie auch eine Entwicklung in der Gruppe: „Am Anfang war alles noch etwas chaotisch, da wir zu systematisch vorgegangen sind". Als die Kinder immer mehr selbst entscheiden konnten, wurde das Miteinander entspannter und das Schaffen kreativer.
Neues ausprobieren im Kita-Alltag
Mit im Atelier ist EVIM Mitarbeiterin Nicole Schwarz. Als gelernte Floristin sattelte sie beruflich um und absolviert die praxisintegrierte vergüteten Ausbildung zur Erzieherin. Das Projekt biete eine fantastische Gelegenheit, im beruflichen Alltag Neues auszuprobieren. "Es ist eine wertvolle Erfahrung für alle Beteiligten: Kinder, Studierende, Eltern und für uns", ergänzt ihre Chefin Birgit Fetz-Kappus, die das Projekt maßgeblich von Seiten der Kita initiiert hat und mit ebenso viel Herzblut unterstützt wie ihre Kolleginnen. Ende Januar wird zur Werkstattpräsentation eingeladen. (hk)