Christina Lopez und André Hulverscheidt von den Schlocker-Tigers aus Hattersheim sind bereits vor Probenbeginn voller Vorfreude. Im großen Saal der Reha-Werkstatt in Wiesbaden legen sie charmant ein Tänzchen aufs Parkett. Christina Lopez tanzt bereits seit ihrer Kindheit. Die junge Frau mit spanischen Wurzeln mag besonders Flamenco. In "Babylon" ist sie an drei Tanzchoreografien beteiligt. Sie schwärmt von Miguel als "dem besten Lehrer, sehr nett!" Wie sie ist auch Susanne Gabriele Steffler bereits zum dritten Mal beim Tanzprojekt dabei und genießt es in vollen Zügen. Zwar wissen beide noch nicht genau, worum es in dem Stück geht, doch während der Probe ändert sich das schnell, denn Miguel Zermeno arbeitet mit Videoaufzeichnungen, die den Akteuren von EVIM das Stück näherbringen. Dieses "Kinoerlebnis" funktioniert ausgezeichnet: Videoanimationen zeigen den Turmbau zu Babel, die Hängenden Gärten und die gestrandete Arche Noah mitten in der Wüste. Die Akteure erleben sich selbst und die Schüler aus Frankfurt in den Aufzeichnungen während der Proben. Dadurch wird das Stück visuell erfahrbar und besser verständlich. Die Geschichte ist hochaktuell: Menschen hören auf, miteinander zu reden, hören einander nicht mehr zu, und die Kommunikation verdorrt buchstäblich inmitten der Wüste. Menschen werden zu Feinden, es kommt zu Krieg und Tod. Diese Dramatik wird in die heutige Zeit übertragen: Obwohl die Kommunikation heutzutage noch nie so einfach war, verstehen sich Menschen immer weniger. "Einfache, schnelle Kommunikation ist nicht immer gute Kommunikation", erklärt der Choreograph, der komplexe Themen in einfache Worte überträgt. Nach der anspruchsvollen Theorie kommt die Praxis nicht zu kurz. Julia Isterling, Kunsttherapeutin und Pädagogin aus der Kunstwerkstatt eigenArt, bringt erste Requisiten mit. Schnell werden zwei Akteure gefunden, die unter einer Maske und einem Überwurf als Kamel durch den Raum ziehen, sehr zur Freude der Gruppe. Danach proben die Tänzerinnen und Tänzer Bewegungsabläufe, Körperhaltung und Ausdruck in der „Wasserszene“.
Scheherezade tritt in dem Stück als "große Transformerin" auf. "Sie hat überlebt, weil sie immer im Gespräch geblieben ist", erklärt Miguel Zermeno. Das Prinzip Hoffnung ist am Ende stärker und soll in der Schlussszene im Miteinander von Zuschauern und Mitwirkenden aufgehen. Die verschiedenen Gruppen proben bisher noch getrennt. Anfang Mai findet die erste gemeinsame Probe statt und wird bereits jetzt mit Spannung und Vorfreude erwartet. (hk)