Daniel und Dajana haben es geschafft. Geschafft, in ein selbstständiges, verantwortliches Erwachsenenleben hineinzuwachsen, auch wenn ihre Voraussetzungen dafür nicht optimal waren. Beide, jetzt 25 und 21 Jahre alt, haben einige ihrer Jugendjahre in EVIM-Wohngruppen verbracht.
Normalerweise endet diese Zeit im Alter von 18 Jahren, dann müssen die Jugendlichen die Gruppen verlassen. Doch der Übergang in eine eigene Wohnung ist für viele nicht einfach. Plötzlich alleine den Alltag bewältigen, sich im Behördendickicht zurechtfinden, Schule oder Ausbildung organisieren, nicht zuletzt natürlich den eigenen Haushalt regeln: Das geht nicht immer reibungslos. Erkannt haben die Problematik dieses besonderen Übergangs die Wiesbadener Jugendhilfeträger, darunter EVIM, bereits in den achtziger Jahren. Seit 25 Jahren bietet EVIM daher das „Außenbetreute Wohnen“ (ABW) für diese Zielgruppe an.
Jubiläum gefeiert
Am 2. November hielten die Akteure der EVIM-Jugendhilfe einen Rückblick auf dieses Vierteljahrhundert, dem auch von Seiten des Kostenträgers, des Wiesbadener Amtes für Soziale Arbeit, das Prädikat „Erfolgsgeschichte“ zugestanden wurde. Etwa 200 Jugendliche wurden in diesen 25 Jahren von pädagogischen Fachkräften betreut, zurzeit sind es 20. Eine Fachkraft kann sich um maximal vier Klienten kümmern, eine wöchentliche Betreuungszeit von 10 Stunden wird angenommen. Diese jedoch kann sich flexibel gestalten, je nach den individuellen Bedürfnissen der jungen Menschen: „Als erstes haben mein Betreuer und ich meine neue Wohnung renoviert“, blickt Daniel zurück. Natürlich war das weit mehr als nur gemeinsames Tapezieren und Möbelkaufen, sondern es bildete sich ein Vertrauensverhältnis, das heute, nachdem die zwölf Betreuungsmonate längst vorbei sind, zu einer richtigen Freundschaft gewachsen ist. „Manche brauchen zu Anfang mehr Betreuungszeit, später weniger – bei anderen ist es genau umgekehrt“, weiß Peter Rollmann, Leiter der EVIM-Jugendhilfe. Passgenau auf die Anforderungen zu reagieren ist die Stärke der pädagogischen Kräfte, die bei EVIM im ABW-Bereich arbeiten.
„Sie hat an mich geglaubt“
Auch Dajana, die mittlerweile eine Ausbildung absolviert hat und sich aufs Fach-Abitur vorbereitet, spricht von ihrer Betreuerin als einer engen Vertrauten. „Sie hat immer an mich geglaubt“, sagt die junge Frau. „Das war sehr wichtig für mich.“ Ein Vorbild ganz anderer Art scheinen die EVIM-Mitarbeiter für Daniel gewesen zu sein. Er legte in der ABW-Zeit sein Abitur ab, schloss ein FSJ bei EVIM an, jobbte dann aber zunächst in einem Laden für Computerspiele. Ein zufälliges Wiedertreffen mit Peter Rollmann brachte Daniel darauf, dass er selbst gerne einen sozialen Beruf ausüben würde. Nun ist er bei EVIM in der Ausbildung zum Erzieher, will später pädagogisch arbeiten. „Jetzt sehe ich Leute von früher als Kollegen wieder“, freut sich der hochmotivierte junge Mann. Dass man ihnen noch ein Jahr lang hilfreich zur Seite stand, beurteilen Daniel und Dajana sehr positiv. Auch Christa Enders, Leiterin des städtischen Sozialdienstes, findet: „Diese Maßnahme ist nicht hoch genug zu bewerten.“
Besondere Biographien
Andere haben schließlich ihr Elternhaus als Ansprechpartner, auch noch weit ins Erwachsenenalter hinein. Hier helfen die EVIM-Betreuer bei Problemen aller Art, sei es Motivation zur Ausbildung, seien es Tipps zur Haushaltsführung, Umgang mit Geld, Beziehungen und alles, was im Alter ab 18 Jahren eben wichtig ist. Die Eigenverantwortung zu stärken, ist auch für Bereichsleiterin Simone Wittek ein wichtiges Stichwort. „Wir versuchen, größtmögliche Normalität herzustellen. Doch die Biographien dieser Jugendlichen bleiben eben immer besonders.“ Was sich allerdings im Laufe der 25 Jahre drastisch verschlechtert habe, sei die Wohnungssituation in Wiesbaden. „Es wird immer schwieriger, kleine, bezahlbare Wohnungen für die jungen Leute zu finden“, sagt Christa Enders.