Wie erleichtert man Flüchtlingen das Ankommen und den Spracherwerb in Deutschland? Wie bringt man sie in Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung? EVIM hat eine Antwort auf diese Fragen mit einem neuen Projekt gesucht.
"Be welcome!" heißt es seit Herbst letzten Jahres, als Dr. Karin Falkenstein, Leiterin der Abteilung Freiwilliges Engagement, bei der Wiesbadener Willkommensbörse zum ersten Mal um Menschen warb, die als Paten oder als Koordinatoren in dem Projekt aktiv sein wollten. Unerwartet viele Menschen meldeten sich, sodass schon bald die ersten Tandems gebildet werden konnten. 65 sind es inzwischen, weitere zehn Paten warten auf ihren Einsatz und zwölf Koordinatoren kümmern sich um die Auswahl von Paten und Flüchtlingen.
Den Alltag in der Fremde bewältigen
Damit der Einsatz der Freiwilligen auch erfolgreich sein kann, setzt Falkenstein darauf, Menschen zusammenzubringen, die zusammenpassen. Die Koordinatoren prüfen, wer etwa von Alter, Geschlecht oder gemeinsamen Interessen her zu wem passen könnte. Auch der gleiche Beruf kann eine Verbindung herstellen, die die Tandems gut funktionieren lässt. Wie etwa bei Peter Held und Ali Akbari. Beide waren in ihrem früheren Leben Lehrer. Der 72-jährige Held war überwiegend in der Lehrerausbildung tätig, der 61-jährige Akbari unterrichtete in Afghanistan Mathematik.
Seit drei Jahren lebt er in Wiesbaden und ist glücklich, dass er mit seiner Familie bald in eine neue Wohnung ziehen kann: im sechsten Stock und mit Fahrstuhl. Denn seine Frau kann die Treppen zur bisherigen Wohnung nach zwei Knieoperationen nicht mehr bewältigen. Das ist auch Peter Helds Einsatz zu verdanken, der nach unzähligen Telefonanrufen bei Behörden nun endlich den bevorstehenden Umzug ankündigen konnte. Dabei wollte der 72-Jährige eigentlich keine „Behördenangelegenheiten“ erledigen. Nun ist es anders gekommen, und er ist froh, dass er seinen Einsatz auch auf dieses ungeliebte Feld ausgeweitet hat.
Gerade erst angekommene Flüchtlinge bekommen ebenso Paten an die Seite gestellt wie schon länger in Wiesbaden lebende Personen. Einzige Voraussetzung: Die Menschen sollten Wiesbaden fest zugewiesen sein, damit sich auch eine Beziehung zu ihren Paten entwickeln kann.
Zuverlässige Ansprechpartner
David Craig, Amerikaner und ebenfalls ehemaliger Lehrer, ist einer der Koordinatoren. Er sorgt dafür, dass die „passenden“ Personen zusammenfinden und klärt im Vorgespräch auch, dass die Paten nicht jede Aufgabe übernehmen müssen: „Bei Problemen finden sie immer Ansprechpartner im Projekt, die entsprechende Hilfen vermitteln können.“
Karin Falkenstein sieht das Projekt auf einem guten Weg: „Flüchtlinge mit Paten weisen eine deutlich höhere Sprachfertigkeit im Deutschen auf als andere.“ Beim Projekt selbst hospitiert zurzeit George Alnoumeir. Der 29-Jährige, der in seiner Heimat Syrien Rechtswissenschaften studiert hat, möchte sich mittelfristig für andere Flüchtlinge einsetzen, indem er etwa Übersetzungshilfen gibt.
Für das Projekt gibt es keine Refinanzierung. Spenden sind daher genauso willkommen wie weitere ehrenamtliche Koordinatoren oder Paten.
Ansprechpartnerin ist Dr. Karin Falkenstein, Tel.: 0611 97559998, mo - fr, 9 - 12 Uhr
Foto L. Wendl (v.l.n.r.): Das Tandem Peter Held und Ali Akbari, Dr. Karin Falkenstein, David Craig und George Alnoumeir engagieren sich Seite an Seite dafür, Flüchtlingen das Ankommen zu erleichtern.
Lieselotte Wendl