„Wir haben das System fürs Einpflanzen ein bisschen geändert. Es gibt keine allgemeine Ausgabestelle, sondern jede Ackerreihe bekommt eine vorsortierte Kiste“, erläutert Lehrer Benjamin Lehmann. Manche Pflanzen kommen als Setzlinge in die Erde, andere als Saatgut oder als Knolle. Diese werden in jeder Ackerreihe so auf 14 Beete verteilt, dass Pflanzen, die sich gegenseitig unterstützen, zusammen wachsen. So gedeihen etwa Radieschen und Bohnen gemeinsam genau wie Palmkohl und Mangold oder Zwiebeln und Möhren. „Es ist auch immer ein Experimentierbeet dabei, bei dem man ergänzen kann, was man sich selbst aussucht. Paprika und Aubergine sind zum Beispiel nicht im Sortiment enthalten“, erläutert Jessica Nowotka, die zuständige Regionalkoordinatorin bei Acker e.V. Der Verein unterstützt Schülerschaft und Lehrkräfte in jedem Jahr auch mit Fortbildungen. Gelernt wird aber vom ersten Tag an. „Ihr könnt das Saatgut mit Sand vermischen, dann seht Ihr, wo Ihr gesät habt“, erläutert Benjamin Lehmann den Teilnehmenden. Diese stammen aus Klassen und Gartenwerkstätten von der ersten bis zur neunten Jahrgangsstufe.
Neues dazu gelernt und Wissen erweitert
Auch sie haben im ersten Jahr schon viel dazugelernt. „Was im ersten Beet gewachsen ist, wächst jetzt im zweiten Beet, damit die Böden immer frisch bleiben“, erläutert der 14-jährige Nelson das Prinzip der Fruchtfolge. Über Winter sind die Ackerreihen zudem mit Grünschnitt bedeckt gewesen, der vor dem ersten Pflanztag in die Erde eingearbeitet worden ist. „Mit dem Mulch stärken wir den Acker. Jedes Jahr werden neue Kulturen klappen, aber es werden auch jedes Jahr welche nicht klappen“, verdeutlicht Nowotka. Bei der Gartenwerkstatt, in der Nelson aktiv ist, hätten vor allem Radieschen und Kartoffeln gut funktioniert. Außerdem die Technik, mit der die Pflanzen so erzogen werden, dass sie lange Wurzeln ausbilden. Dazu wird das Pflanzloch zunächst komplett mit Wasser gefüllt und erst denn bepflanzt, wenn es komplett versickert ist. Die frisch gesetzte Pflanze wird dann zunächst nicht gewässert, was über die Saison dabei helfen soll, Wasser zu sparen. „Die haben dann tatsächlich verhältnismäßig wenig verbraucht, das war überraschend“, berichtet Nelson.
Fest mit im Schulplan
Eine Überraschung war aber auch der hohe Materialverschleiß im ersten Jahr. „Gott sei Dank haben wir die Handwerker-Werkstatt. So eine Gartenschippe lässt sich auch mal schweißen, aber wir haben 600 Euro aus dem Schulbudget gebraucht für den Nachkauf von Kleingeräten“, berichtet Schulleiter Uwe Brecher. Insgesamt habe man sicher unterschätzt, wie viel Aufwand das Ackern darstellt, aber auch, wie intensiv die Kinder sich darauf einlassen. Nicht nur bei der Produktion des Gemüses, sondern auch bei der Verarbeitung. Denn sowohl in der Klimakantine als auch in der Lehrküche der Schule ist teils mit eigenen Erträgen gekocht worden. „Ich bin hellauf begeistert“, betont Uwe Brecher. Das geht auch Benjamin Lehmann so, der regelmäßig mit den Jugendlichen eines Außenstandorts der Schule am Geisberg hierher kommt. Seit Anfang des Schuljahres habe er die Gartenarbeit fest mit einer Doppelstunde im Stundenplan von acht Jugendlichen mit hohem emotionalen und sozialen Förderbedarf etabliert. Zwar werde er jede Woche aufs Neue gefragt, warum die Gruppe nicht normalen Unterricht machen könne. Aber wenn er mit gutem Beispiel voran gehe, machten die Schüler:innen von ganz alleine mit. „Ich habe das Gefühl, das ist ein Lernort mit weniger Konflikten und mehr Zusammenarbeit bei Schülern, die sonst nicht zusammen arbeiten“, verdeutlicht Benjamin Lehmann. Er selbst sei sehr gespannt darauf, ob es tatsächlich über die Jahre gelinge, die Bodenqualität zu verbessern und ob das Gemüse immer besser gedeihe. (hej)
Foto (evim): "Volle Möhre" hieß es auch in diesem Jahr beim ersten großen Pflanztag auf einem der größten Schuläcker in Hessen.