Eric Detemple ist gehörlos von Geburt an. Seit Anfang September ist der 38-Jährige fest angestellt bei der Firma HP Velotechnik in Kriftel und baut mit den Kollegen Liegeräder nach den Wünschen der Kunden. „Das ist eine echte Erfolgsgeschichte“, sagt Ralf Thies beim Pressetermin, der als Fachkraft für berufliche Integration in der EVIM Werkstatt Schlocker-Stiftung den ehemaligen Klienten auf diesem Weg begleitet hat. Denn immer noch sei es für Menschen mit Beeinträchtigungen sehr schwer, einen Arbeitsplatz außerhalb der geschützten Werkstatt zu finden. Für Thies ist es seit fünf Jahren der zweite Mitarbeiter, der den Sprung auf den ersten Arbeitsmarkt geschafft hat.
Damit Inklusion gelingt, bedarf es Mut, Kompetenz und festen Willen von allen Beteiligten. Die Firma HP Velotechnik sei ein solcher beispielhafter Arbeitsgeber, lobte Thies. Werkstattleiter Arne Ulrich habe einen großen Anteil daran, dass Eric Detemple voll und ganz in das Team integriert ist. Anfangs unterstützte die Gebärdendolmetscherin Tanja Röhrig. Dann, so bekannten Detemple und Ulrich mit einem Lachen, ging es auch gut ‚mit Händen und Füßen‘. Natürlich war der Werkstattleiter zunächst unsicher, ob es gut gehen würde, wenn einem Kollegen im Team so viel Aufmerksamkeit geschenkt werden müsse. Aber die Ängste erwiesen sich als unbegründet. „Eric ist offen und geht auf die Leute zu, wir verstehen uns gut“, so Ulrich. Das motivierte auch die Kollegen, Grundbegriffe in Gebärdensprache zu erlernen.
Perfektes Team
Der Kontakt zwischen der Werkstatt Schlocker-Stiftung und HP Velotechnik entstand über eine Kooperation. Die Firma aus Kriftel beauftragte EVIM mit dem Einspeichen von Laufrädern. Detemple, der seit 2009 in der Schlocker-Stiftung tätig war, bewies dabei großes Geschick. Erfahrungen brachte der gebürtige Saarländer als ausgebildeter Schreiner und aus seiner dreijährigen Arbeit im Metallbereich in Saarbrücken mit. Sein Wunsch, nach dem Umzug nach Flörsheim wieder auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, hatte damit eine Perspektive. „Geschäftsführer Daniel Pulvermüller bot ihm diese Chance“, würdigte Peter Griebel, Leiter der EVIM Werkstatt, die fruchtbare Zusammenarbeit. Das Praktikum in der Vormontage von Fahrrädern verlief vielversprechend. Der anschließende betriebsintegrierte Beschäftigungsplatz bei HP Velotechnik, bei dem Detemple noch Klient der EVIM Werkstatt blieb, mündete Anfang September in einem dauerhaften Arbeitsvertrag bei einem der Top- Fahrradhersteller Deutschlands. Dort stellen 30 Mitarbeiter pro Jahr 1700 Spezialräder her. Dass er sich dort wohlfühlt, ist trotz Sprachbarriere deutlich zu spüren. „Ich bin zufrieden“, sagt Detemple, „es ist einfach perfekt.“ Die Kollegen sind aufgeschlossen und die gemeinsamen Grillabende einfach toll. Er möchte weiter dazuzulernen und neue Arbeitsfelder in der Fahrradfertigung ausprobieren.
Beispiel für andere Unternehmen
„Wir wünschen uns natürlich, dass dieses Beispiel Schule macht und andere Unternehmen motiviert, Menschen mit Handicap eine Chance zu geben“, so Werkstattleiter Griebel. Es zeigt, dass beeinträchtigte Menschen leistungsorientiert und verantwortungsbewusst Anforderungen in Unternehmen erfüllen können. In diesem Jahr laufen bereits 22 Praktika und 23 betriebsintegrierte Beschäftigungsplätze in Unternehmen. Anbieter sind zum Beispiel der Globus Markt in Hattersheim oder Eurest Deutschland GmbH in Höchst.