Sportunterricht - auch inklusiv - auf hohem Niveau

Auch der Schulleiter ist hellauf begeistert!

Zeitgemäßes Lernen und Lehren im Coworking-Space

Selbstorganisiertes Lernen in moderner Umgebung

Motopädagogik und modernes Lernen

Es kommt einiges in Bewegung am Campus Klarenthal. So wie man sich das wünscht, wenn man an einer Schule eine Sporthalle baut. Bewegung erzeugt aber auch der darüber entstandene Coworking-Space und ein Tanzraum wird zum Raum der Stille.

Beim Tag der offenen Tür der Schule, die sich in Trägerschaft der EVIM gGmbH |Bildung befindet, ist die nach den Herbstferien eingeweihte Sporthalle eine beliebte Station für Gäste. Wer nur zuschaut, wird darauf aufmerksam gemacht, dass der Platz vor der langen Rollbrettbahn frei zu halten ist. Denn die Kinder beenden ihre Fahrt auf den rasanten Rollbrettern erst an einer Matte an der Wand. Es wird balanciert und geschaukelt. Ein Junge tut dies, indem er sich in zwei Ringe stellt. Viele Kinder nehmen auf einem Stapel Turnmatten Platz, der eingehängt ist in lange Bänder, die von der rund fünfeinhalb Meter hohen Hallendecke hängen. In ähnlicher Form könnte aber auch ein Rollstuhl zum Schaukeln genutzt werden, denn die Innenausstattung, die rund 145.000 Euro gekostet hat, ist auf inklusive Bewegungsangebote ausgerichtet. Im Sinne von Motopädagogik und Psychomotorik geht es um Erziehung durch Bewegung. „Heute ist nur ein Bruchteil zu sehen. Es gibt vielfältige Möglichkeiten, Bewegungslandschaften aufzubauen“, berichtet Schulleiter Uwe Brecher. So könne an einer Einpunkt-Schaukel die Möglichkeit geschaffen werden, dass gleich vier Kinder wie an einem Karussell durch die Halle schweben. Es gebe aber auch Materialien, um diejenigen für Sport zu motivieren, die noch keine Fans sind. Etwa mit präzise gearbeiteten Holzklötzen, die zum Konstruieren einladen. „Wir wollen vermitteln, dass mit dem Pulsschlag die Lebensfreude steigt“, erklärt Uwe Brecher.

Ausstattung ermöglicht höchste Flexibilität

Natürlich könnten auch die Grundstufe und das Kinderhaus die erste Sporthalle auf dem Schulgelände nutzen. Schließlich hat der Schulleiter gemeinsam mit Grundschulleiterin Elke Bonn sowie Experte Peter Hagedorn die Ausstattung geplant, die den Lehrkräften nun mehr Kreativität ermöglicht. „Wir können vier Recks nebeneinander aufbauen. Von einfach bis komplex“, gibt Sportlehrer Janis Bee ein Beispiel. Die Basketballkörbe seien in der Höhe verstellbar, so dass es auch den Jüngeren möglich ist, Korbleger zu üben. Durch den Wegfall von Fahrten in externe Sportstätten, wie die Halle der Schule am Geisberg, bleibt jetzt mehr Zeit, um Sport zu treiben und auch die Motivation ist größer, wenn man statt auf dem Sportfeld nun im Trockenen Fußball spielen kann. „Die Einstellung der Schüler ist anders in einer Sporthalle als in einer Veranstaltungshalle wie dem Kubus“, ergänzt Janis Bee. Für manche Angebote werde aber auch weiterhin der Kubus genutzt. Bei der Planung ist auf die Einhaltung von Wettkampfnormen verzichtet worden. Denn am Campus geht es nicht darum, Wettbewerbe auszurichten sondern die Basis zu legen für eine lebenslange Leidenschaft für Sport.

Neue Wege beim Lernen und Lehren

Unterschiedliche Prioritäten als in anderen Bildungseinrichtungen werden auch durch den wohl ersten Coworking Space einer Wiesbadener Schule gesetzt, der in dem rund fünf Millionen Euro teuren Neubau über der Sporthalle entstanden ist. „Das ist ein modernes, zeitgemäßes Konzept. Hier ist nichts drin, was nach Schule riecht“, verdeutlicht Uwe Brecher. In einem mehr als einjährigen Prozess sei das Konzept auch partizipativ gemeinsam mit Eltern und Schülerschaft erarbeitet worden. Je nach Aufenthaltsort können die Oberstufenjahrgänge, sowie hochbegabte Kinder aus unteren Jahrgangsstufen, hier nicht nur auf Stühlen sondern auch auf Sitzsäcken oder Barhockern Platz nehmen. Allerdings nicht zum Chillen sondern ausschließlich zum Arbeiten. „Hier sollen keine Pausen verbracht werden, damit sich das nicht vermischt“, betont der Schulleiter. Dafür gibt es nach persönlicher Anmeldung die Möglichkeit, im Coworking Space auf ein freies drahtloses, lokales Netzwerk (WLAN) zuzugreifen. „Das Internet ist noch nicht ganz so gut hier, deshalb arbeite ich für Präsentationen eher zuhause“, berichtet der 18-jährige Thorn. Ansonsten sei er aber positiv überrascht, weil er sich im Vorfeld nicht habe vorstellen können, dass man in einer räumlich so offenen Umgebung derart konzentriert arbeiten könne. Für Jugendliche, die an einer sogenannten Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätsstörung leiden, gibt es mit dem Silent Workspace noch einen zusätzlichen Raum, in dem absolute Stille Pflicht ist. Für Thorn, einen Schüler der Qualifikationsphase eins, funktioniere das Arbeiten im Coworking-Space aber so gut, dass er den rund 350 Quadratmeter großen Raum, der eigens mit einer Akustikdecke ausgestattet ist, auch außerhalb des Unterrichts nutze, etwa um Hausaufgaben zu machen oder an eigenen Projekten zu arbeiten. Zumal jahrgangsübergreifendes und projektbezogenes Lernen hier ausdrücklich gewünscht ist. So tausche er sich gerne mit einem befreundeten Schüler der Qualifikationsphase drei aus und anders als in einem Klassenraum habe er hier die Möglichkeit, gleich vier oder fünf Fachlehrer anzusprechen. Schließlich ist der Coworking Space eine Weiterführung des Konzepts des selbstorganisierten Lernens, das am Campus bereits in den unteren Jahrgangsstufen gefördert wird. „Die Inhalte können die sich aus dem Internet ziehen und sich die Texte von ChatGPT schreiben lassen“, weiß Uwe Brecher. Deshalb sei der Unterricht auch nicht instruktiv. Vermitteln könne man den Schülern jedoch Kompetenzen wie Arbeits- und Sozialverhalten oder Kommunikation.

Achtsamkeitsübungen Raum geben

Durch die zusätzlichen Möglichkeiten, die der Neubau bietet, kann im Bestand nun ein ehemaliger Tanzraum zu einem Raum der Stille und Meditation umgewidmet werden. Noch ist der große Wandspiegel provisorisch verdeckt und die Fenster sollen von dem Wiesbadener Künstler Nabo Gaß gestaltet werden, sobald ein Budget dafür zur Verfügung steht. Der neue Eichenholzboden wertet den Raum bereits auf, in dem Enja Riegel, die den Campus Klarenthal einst mitbegründet hat, künftig der gesamten Schulgemeinde die Achtsamkeitsmeditation näherbringen möchte. „Schon zehn Minuten am Tag reichen. Insbesondere Schüler werden freundlicher, aktiver und besser in ihren Leistungen“, berichtet Enja Riegel. Dafür brauche es jedoch einen Raum, in dem die Energie im Laufe des Tages nicht durch alles mögliche umhergewirbelt werde. In einem freiwilligen Angebot, bei dem sie Schülerinnen auf dem Weg zum Abitur begleitet habe, habe sie bereits sehr gute Erfahrungen gemacht, weil durch Achtsamkeit auch Angst wirkungsvoll begegnet werden könne. „Wir haben Vorstellungsübungen gemacht: Wie ist die Abiturprüfung, auf die sie sich freuen? Diese Schülerinnen haben ihr Abitur mit eins bestanden“, erläutert Enja Riegel. Dank des Neubaus mit der Sporthalle begibt sich der Campus Klarenthal also auch hier auf neue Wege. (hej)