„Die Jugendlichen, die uns aufsuchen, konnten in ihrem Leben kein Vertrauen zu Erwachsenen aufbauen. Sie haben keine Perspektive für ihr Leben“, beschreibt Christoph Welz, Regionalleiter der EVIM Jugendhilfe, die Zielgruppe. „Viele halten sich nicht an Regeln oder Zeiten. All das, was ein gutes Zusammenleben von Menschen erfordert, muss mühsam erlernt werden.“ Daher sei es das Ziel, gemeinsam mit den Jugendlichen und in Kooperation mit den Ämtern und Behörden daran zu arbeiten, eine persönliche Lebensperspektive zu entwickeln.
Die jungen Menschen, die in die Notschlafstelle kommen, werden zunächst mit den Grundbedürfnissen versorgt. Sie bekommen etwas zu essen und zu trinken, sie können duschen und haben ein Bett zum schlafen. Morgens um 8 Uhr müssen die jungen Menschen die Notschlafstelle verlassen. Ab 17 Uhr können sie wieder in die Notschlafstelle kommen. „Eine pädagogische Fachkraft steht ihnen für Gespräche zur Verfügung oder bietet konkret Hilfe an“, so Welz. Voraussetzung für eine wirksame Unterstützung sei allerdings, dass die Jugendlichen selbst ihre Situation verändern wollen.
In der Einrichtung gelten klaren Regeln. Dazu gehören ein Rauchverbot, das Verbot von Waffen jeglicher Art, keine Drogen und keine Gewalt gegenüber allen Menschen im Haus. Bei Regelverstößen kommen gelbe und rote Karten zum Einsatz, die das Fehlverhalten und Klärungsbedarf signalisieren. „Auch hierfür gibt es klare Vorgaben sowie Sanktionen, wenn Jugendliche nicht mitwirken“, sagt Christoph Welz. Die Notschlafstelle ist keine Dauereinrichtung, sondern eine niedrigschwellige Kriseninterventionseinrichtung. Nach acht Wochen muss eine Perspektive angestrebt werden. Dieser Zeitraum kann in Abstimmung mit den Behörden und Ämtern befristet erweitert werden, wenn der Jugendliche seine Situation ändern will und klärende Gespräche oder konkrete nächste Schritte noch nicht abgeschlossen sind.
Besetzt ist die Notschlafstelle in der Mainzer Oberstadt seit Anfang April täglich von 17 Uhr bis 8 Uhr am Folgetag mit einer pädagogischen Fachkraft. Insgesamt stehen sechs Plätze zur Verfügung.
(Archivfoto EVIM/rui camilo)