Er ist Teilnehmer eines EVIM- Projekts, in dem geflüchtete Menschen zum einen den Hauptschulabschluss erwerben können, zum anderen auch praktische Erfahrungen in der Altenpflege mit rund 10 Stunden pro Woche im Rahmen des „Freiwilligendienstes aller Generationen“ sammeln. Denn in diesem Beruf fehlen dringend Bewerber, die Situation wird sich hier noch zuspitzen, sorgt man nicht rechtzeitig für Abhilfe. Doch nicht jeder eignet sich für diese anspruchsvollen Aufgaben nahe am Menschen. Darum können die Flüchtlinge, die sich für dieses Projekt entscheiden, auch ergebnisoffen testen, ob ein Beruf in der Altenpflege wirklich das Richtige ist.
Größte Hürde: Die Sprache
Für Teklu Kidane Haile scheint es so. Der junge Mann erzählt, dass es ihm wirklich Spaß macht. Schwierig ist es noch mit der deutschen Sprache. Aber auch dabei erhält er Unterstützung. Er und 11 geflüchtete Mitschüler besuchen die Abendhauptschule an der Wiesbadener Heinrich-von Kleist-Schule. 20 Wochenstunden Unterricht umfasst der Lehrplan, die Abschlussprüfungen sind für Mai geplant – und wer sich besonders ins Zeug legt, kann sogar den qualifizierenden Hauptschulabschluss erwerben. Dass ein offizieller Abschluss wichtig ist, haben die Schüler verstanden. „Teklu hätte auch in einer Einrichtung als ungelernte Hilfskraft anfangen können“, berichtet Dr. Karin Falkenstein, Projektkoordinatorin und bei EVIM zuständig für ehrenamtliches Engagement. „Er hat sich aber für eine Ausbildung entschieden, da er weiß, dass ihm dies viel mehr Chancen eröffnet.“
Langfristig Karrierechancen
Bei EVIM arbeiten bereits einige Flüchtlinge in der Altenpflege. „Einer, der vor vier Jahren zu uns kam, hat sich mittlerweile zur Pflegedienstleitung qualifiziert und studiert gerade Pflegewissenschaften“, berichtet Falkenstein von den Karrieremöglichkeiten in der Branche. Den jungen Männern – im aktuellen Jahrgang ist keine Frau mit dabei – die am „HauF“-Projekt teilnehmen, steht bis dahin aber noch eine Menge bevor. Nach dem Abschluss können sie sich an der Altenpflegeschule bewerben. Nahezu alle der Projektteilnehmer streben dies auch an, freut sich Karin Falkenstein. Das enorme Durchhaltevermögen der Schüler loben auch die Lehrer Nedret Altintop-Nelson und Hans-Joachim Ulrich. „Sie sind außergewöhnlich motiviert.“ Und das, obwohl sie teilweise noch in Gemeinschaftsunterkünften leben, oder, wie Shahab Noori aus Afghanistan, zwei kleine Kinder haben. „Ich muss immer warten, bis sie schlafen, damit ich dann lernen kann“, sagt der 23-Jährige, dem die Ausbildungsmöglichkeit viel bedeutet. Gut Deutsch zu lernen, ist auch für ihn das A und O – „damit ich die Textaufgaben in Mathe machen kann, muss ich sie ja erst mal verstehen“, sagt Noori. Anstrengend ist der Alltag als Schüler, doch die beiden sind dankbar und blicken optimistisch in ihre Zukunft.
Geld vom Integrationsfonds
Das Projekt, so Karin Falkenstein, ist vorläufig auf drei Jahre befristet und wird vom Wiesbadener Integrationsfonds finanziert. Unverzichtbar dabei ist auch die Hilfe ehrenamtlicher Mitarbeiter wie Gwendolin Doden. Sie und ihr Mann treffen sich mehrmals pro Woche mit der Gruppe und pauken den Lernstoff. Zusätzlich ist Doden auch noch Patin für einzelne Geflüchtete. „Ohne das engmaschige Zusammenwirken von Betreuern, Ämtern, Ehrenamtlichen, Lehrern würde es nicht funktionieren“, ist Karin Falkenstein überzeugt. „Es ist kein Spaziergang“ - doch es klappt, die ersten Erfahrungen sind ermutigend, und für den nächsten Jahrgang sind noch Plätze frei. Auch über neue Ehrenamtliche freut sich EVIM.
von Anja Baumgart-Pietsch
Foto (v.l.n.r.): Lehrer Hans-Joachim Ulrich und Nedret Altintop-Nelson machen Shahab Noori und Teklu Kidane Haile fit für den Hauptschulabschluss.
Abteilungsleiterin ist Dr. Karin Falkenstein, Kontakt: Tel. 0611 17217014 oder 0173 6505862