Damit meint Dominik Schwob an erster Stelle eine Ausbildung oder ein Studium, auf jeden Fall einen Berufsabschluss und, wenn möglich, irgendwann auch mal eine eigene Wohnung. Er lebt seit über zwei Jahren im betreuten Jungen Wohnen bei EVIM. Dort teilt er sich eine WG mit drei anderen Mitbewohnern. "Das klappt gut." Für ihn war der Einzug genau der richtige Schritt, nach einigem Auf und Ab im Leben. Im Teenageralter erkrankte er psychisch und durchlitt wiederholt depressive Phasen. Trotz der Belastung schaffte der intelligente Schüler das Abitur. Ein FSJ, wie er es sich gewünscht hätte, kam leider nicht zustande. Eine Alternative fand er bei einer Zeitarbeitsfirma, bei der er ein Jahr jobbte und eigenes Geld verdiente, um ein Informatik-Studium zu finanzieren.
Er schrieb sich an der Uni Mainz ein und musste jedoch nach zwei Semestern erkennen, dass die Anforderungen zu hoch waren. Der Abbruch hatte erneut eine depressive Phase ausgelöst, die er noch in den Griff bekam. Durch die Trennung von seinem Partner kam alles in Wanken. „Aus diesem Loch kam ich allein nicht mehr heraus.“ Mit dieser Erkenntnis fand er selbst den Weg in eine psychosomatische Klinik und die Hilfe, die er brauchte. Nur: „Es ist nicht gut ausgegangen“, wie er heute sagt, da er ohne ambulante Betreuung „ins Leben rausgelassen wurde.“ Erneut kam ihm seine Stärke zu Gute, sich in einer Notlage Hilfe zu suchen. So fand er Kontakt zu verschiedenen Betreuungsangeboten für junge Menschen mit psychischen Erkrankungen in Wiesbaden, wie Junge Perspektiven (Jup), WiWo und seit Oktober 2021 EVIM.
Seitdem gelingt es ihm immer besser, sein Leben in den Griff zu bekommen. Heute sagt Dominik Schwob über sich: „Ich fühle mich wohler, selbstsicherer und kann besser mit schwierigen Situationen umgehen.“ Dankbar ist er besonders auch Patricia Schirling, die ihn als Fachkraft bei EVIM betreut und ihm die Unterstützung bietet, die er braucht. Vieles Alltagspraktische könne er mittlerweile selbstständig erledigen. Jetzt kämpft er vor allem dafür, eine Ausbildung zum Fachinformatiker zu beginnen. Er informierte sich bei Ämtern und fand darüber spezielle Ausbildungsprogramme, die aus unterschiedlichen Gründen noch nicht zum gewünschten Erfolg geführt haben. Doch Dominik Schwob bleibt dran. Er habe gelernt, mit Schwierigkeiten besser umzugehen.
Aktiv ist er auch in seiner Freizeit und dabei vielseitig kreativ unterwegs. Seit neuestem mit Nadel und Faden. Denn Dominik Schwob ist Fan von Cosplay. Das sind Kostümspiele, bei denen sich die Fans bei ihren Treffen als Figuren aus der Welt der Mangas und Animes verkleiden. Mit seinen neu gewonnen Nähkünsten möchte er sich bald Kostüme nach eigenen Vorstellungen kreieren.
Ganz besonders liegt ihm jedoch das kreative Schreiben, das er durch die Betreuungsangebote entdeckt habe. Einmal in der Woche trifft er sich mit Gleichgesinnten, schreibt Haikus und Kurzgeschichten. Auf Instagram findet er über seine Themen neue Freunde und positive Resonanz. Er erlebe, dass seine Texte anderen helfen können, sich selbst zu verstehen. „Die Reaktionen sind für mich sehr wertvoll. Ich merke, ich bin nicht allein.“ Auch mit seiner sexuellen Orientierung geht er offen um und unterstützte eine zeitlang im Landesnetzwerk SCHLAU Queere Bildungs- und Aufklärungsarbeit an Schulen. Das Schreiben würde er gerne weiter ausbauen und sich in Internet-Foren und auf Lesungen präsentieren. „Vielleicht wird daraus auch mal ein Buch“, sagt er und lacht.
Dankbar ist er für die Unterstützung bei EVIM. EVIM sei für ihn wie ein Netz im Zirkus. „Ich werde immer wieder dort aufgefangen und motiviert voranzukommen.“ Eine sichere Perspektive im Leben, Freundeskreise, die weiter bestehen bleiben und vor allem die Ausbildung sind im Leben des sympathischen jungen Mannes jetzt obenauf. (hk)
Im Rahmen einer Lesung am 16. März 2023 stellt Dominik Schwob neue Texte vor. Veranstaltungsort: Werkstatt 23, Blücherstr. 23
Infoflyer zur Veranstaltung
„Laut“ von Dominik Schwob
Alles ist so laut in der Welt. Die Menschen bewegen sich hektisch durch den Alltag, rennen zur Arbeit, zu Terminen oder wieder nach Hause. Fahren mit lauten Autos, sind am Telefon oder sprechen mit ihrer Begleitung. Egal wie, immer sind sie so laut.
Menschen streiten laut. Sie führen Krieg mit Schusswaffen und Explosionen, sie beschimpfen und diffamieren sich gegenseitig und wer anderer Meinung ist, wird scharf angegangen. All das ist immer so laut.
Ich mag diese laute Welt nicht, in der alles so schnell ist und Menschen aufeinander losgehen. Ich möchte mich vor ihr verschließen, mir die Ohren zuhalten und die lauten Geräusche aussperren.
Aber auch in mir ist es immer so laut. Laute Erinnerungen, die mir zeigen, was früher besser war. Laute Stimmen, die mir sagen, wie erbärmlich ich gerade bin. Laute Ängste, die mir die Hoffnung auf eine bessere Zukunft nehmen. Ich wünschte, ich könnte auch sie einfach aussperren, aber egal, was ich tue, sie sind immer so laut.