„Weihnachten fällt auch bei uns garantiert nicht aus“

Um für die Bewohner*innen im Seniorenzentrum Kostheim die Advents- und Weihnachtszeit stimmungsvoll zu gestalten, ist das ganze Team mit dem Herzen dabei. Besonders in diesem Corona-Jahr mit seinen enormen zusätzlichen Herausforderungen.

 

Den Auftakt machten 35 Kindergartenkinder aus der Kita der Evangelischen Michaelskirche am 9. Dezember. Sie sangen im Garten der EVIM Einrichtung aus voller Kehle. Die alten Menschen sollten sie doch auch richtig hören können! Denn unter Corona-Bedingungen musste natürlich der Abstand eingehalten werden. Das wissen die Kindergartenkinder genau. Am dritten Advent ließen es sich die Musikerinnen und Musiker des Concordia-Vereins aus Kostheim auch in diesem Jahr nicht nehmen und veranstalteten ein Hofkonzert. In der Einrichtung selbst sind die Tannenbäume in den Wohnbereichen schön geschmückt, bringt die Beleuchtung im Garten Licht in die dunkle Jahreszeit und zieht der Duft von frisch gebackenen Plätzchen durch’s Haus. „Sieben Betreuungsassistentinnen sind bei uns mit im Boot, um die Bewohner in dieser Zeit ‚mitzunehmen‘“, ist die Einrichtungsleiterin stolz auf ihr ganzes Team. Natürlich geschieht alles regelkonform und unter unglaublichem Einsatz aller Beteiligten. Alle arbeiten durchgängig mit FFP2-Masken, was eine enorme zusätzliche Belastung ist. „Bisher haben wir noch keinen positiven Corona-Fall unter den Bewohnern“, sagt Angela Alt. „Jeder weiß allerdings auch, dass die Situation möglicherweise anders aussehen kann, auch wenn sich alle strikt an die Maßnahmen halten.“ Die bisher vier positiv getesteten Mitarbeitenden haben keine weiteren Menschen angesteckt, sagt die Chefin des Hauses mit großer Erleichterung. Das zeige auch, wie wichtig die Schutzmaßnahmen und das Ampelsystem seien.

„Viele Angehörige nehmen den Ernst der Situation wahr“

Mitte Dezember war sogar ein kleiner Weihnachtsmarkt „light“ für die Bewohner geplant. Doch das Wetter ließ Punsch und frische Waffeln rund um einen Feuerkorb draußen nicht zu. Die Leckereien gab es dann für alle in den Wohnbereichsküchen. Auch für Musik war gesorgt. Die meisten Angehörigen hätten viel Verständnis und tragen die Situation „supergut“ mit, ist nicht nur Angela Alt dankbar. „Sie nehmen den Ernst der Situation wahr und sind wirklich froh, dass wir unseren Dienst gut machen! Diese Wertschätzung zu spüren, tut allen gut!“ Besonders froh ist sie über den starken Rückhalt, den sie und ihr Team aus der Geschäftsführung erfahren. Sie selbst ist für wichtige Anfragen ihrer Mitarbeitenden Rund-um-die Uhr erreichbar, um auch darüber zu signalisieren, dass niemand in schwierigen Situationen allein ist.

Eine großartige Entlastung der Pflegkräfte ist der junge FSJ-ler Nico Braun, berichtet die Einrichtungsleiterin. Er unterstützt an der Pforte. Dort empfängt und registriert er die angemeldeten Besucher. Er sorgt mit dafür, dass der Bewohner rechtzeitig in das Besuchszimmer gebracht wird. Nach dem Besuch desinfiziert und lüftet er den Raum. „Derzeit ist ein Besuch pro Woche je Bewohner für maximal eine Stunde möglich“, so Angela Alt. Dabei müssen alle Schutzmaßnahmen strikt eingehalten werden. Da eine nicht unerhebliche Anzahl der Angehörigen selbst zur Risikogruppe gehöre, sei die Zahl der Besuche deutlich zurückgegangen. Das habe zur Folge, dass manche Bewohner schon lange keinen Besuch gekommen haben. Die Videotelefonie via Tablet werde regelmäßig genutzt. Aber nicht für alle sei dies eine Option, wie für demenziell Erkrankte. Auch sei die Aufmerksamkeitsspanne bei digitalen Kontakten geringer, beobachten die Fachkräfte.

Pflegekräfte am Limit

Seit Ende vergangener Woche stehen Schnelltests für Bewohner und Mitarbeitende zur Verfügung. Mindestens einmal pro Woche soll laut Anordnung aus der Politik getestet werden, was enorme zusätzliche Ressourcen bei ohnehin knapper Personaldecke erfordert. „Wie soll das von den Fachkräften noch zusätzlich geleistet werden?“, fragt sie. Derzeit wird der dafür erforderliche personelle Aufwand geprüft, um personenbezogen Aufklärung, Einverständnis, Dokumentation und ggf. weitere Kontaktverfolgung einholen zu können. Zuversichtlich ist sie in Bezug auf die Ausstattung mit Schutzmaterial. „Wir haben genügend Reserven vor Ort.“

An Weihnachten soll ein zusätzlicher Besuchstermin je Bewohner ermöglicht werden. Das Schutzkonzept dafür ist erarbeitet. „Wir gehen davon aus, dass wir das gemeinsam und in Verantwortung mit allen Beteiligten umsetzen können“, hofft Angela Alt. Der Weihnachtsgottesdienst mit Herrn Pfarrer Loyal kommt diesmal digital ins Haus und wird in den Wohnbereichen übertragen. „Weihnachten fällt auch bei uns garantiert nicht aus!“

Wenn sie von dem „kleinen Licht am Ende des Tunnels spricht“, richtet sich die Hoffnung natürlich auf einen Impfstoff. Dennoch wissen die Fachexperten, dass sich die Situation damit nicht schlagartig ändern oder entspannen wird. „Das braucht Zeit“, ist sie überzeugt. Vielleicht macht die Aussicht darauf die Weihnachtszeit in diesem Jahr für den einen oder anderen Menschen etwas heller. Auch für die Fachkräfte mit den Kolleginnen und Kollegen in den Einrichtungen, die seit Beginn der Pandemie unter höchster physischer und psychischer Anspannung arbeiten. (hk)

(Foto EVIM/Jörg Henkel): Die Kindergartenkinder der Michaelskirche sagen aus Leibeskräften, damit die Bewohnerinnen und Bewohner sie auch mit Abstand gut hören konnten!