Dieses Interview soll nun einen Einblick geben, wie sich die Situation weiterentwickelt hat. Die Fragen stellte Stefanie Legde vom Ortsgemeinderat Hömberg; beantwortet hat sie die Teamleitung der Wohngruppe Bettina Staudt.
Wie viele Kinder leben in der Wohngruppe und wie lange können sie hier sein?
In der Wohngruppe leben jetzt sieben Kinder, damit ist unser Haus „voll belegt“ - es ist für diese Anzahl von Kindern / Jugendlichen geplant und zugelassen worden. Die Kinder sind im Alter zwischen 4 bis 7 Jahren, es sind drei Jungen und vier Mädchen.
Je nach ihrem eigenen familiären Hintergrund leben die Kinder für einen bestimmten Zeitraum in der Wohngruppe, können aber auch hier aufwachsen und bleiben bis zur Volljährigkeit oder bei Bedarf auch bis zum Lebensalter von 21 Jahren.
Ihr seid nun seit 8 Monaten in Hömberg – habt ihr euch gut eingelebt?
Ja! Die Kinder fühlen sich sehr wohl. Das große Außengelände wird intensiv genutzt, dort gibt es einen Sandkasten, Spielgeräte und ein großes Trampolin. Auf der verkehrsarmen Straße können die Kinder Fahrrad fahren. Die ländliche und ruhige Lage ist für alle eine Wohltat.
Es gibt richtig tolle Kontakte in der direkten Nachbarschaft: da dürfen die Kinder mit auf dem Traktor fahren und beim Ziegenfüttern helfen. Ein junger Mann aus der etwas weiter entfernten Nachbarschaft hat uns schon einige Male sehr tatkräftig unterstützt. Er hat geholfen, den neuen Sandkasten aufzubauen und hat eine große Menge Grünschnitt mit seinem Anhänger abtransportiert.
Diese Kontakte freuen uns sehr und signalisieren uns, dass wir im Ort akzeptiert und willkommen sind.
Habt ihr auch eigene Tiere?
Aktuell haben wir vier Hasen und zwei unserer Mitarbeiter haben oft ihre Hunde mit im Haus. Die Tierhaltung möchten wir gerne nach und nach erweitern. Der Umgang mit den Tieren bietet den Kindern eine sehr positive Möglichkeit zur Stabilisierung und kann auch beim Beziehungsaufbau mit den Betreuern gut helfen. Durch die vorhandenen Stallungen haben wir hier natürlich optimale Voraussetzungen für die Tierhaltung.
Durch die Coronakrise sind die geplanten Abläufe unterbrochen worden. Wie seid ihr mit dieser Herausforderung umgegangen?
Nach der kurzen Zeit einer ersten Eingewöhnung und der gerade erst beginnenden Normalität war diese Situation für uns alle recht schwierig.
Wir mussten die ganztägige Betreuung personell sicherstellen und für die Kinder einen Tagesablauf organisieren. Vier der Kinder sind in der Schule, für sie findet morgens ab 9 Uhr „Homeschooling“ statt. Inzwischen ist der Ablauf zur Gewohnheit geworden. Unsere Schüler begeben sich pünktlich an ihre Aufgaben, die sie digital von der Schule erhalten und an denen sie dann einige Stunden mit Unterstützung arbeiten. Die anderen drei Kinder besuchen normalerweise den Kindergarten. Jetzt müssen sie natürlich während der Lernzeiten auch besonders beschäftigt werden.
Nach dem Mittagessen gibt es eine Ruhezeit. Im Gruppenalltag ist es sehr wichtig, dass jedes Kind auch mal eine Zeit für sich allein hat, sich ausruhen und auf sich selbst besinnen kann.
Für die Spielzeiten im Freien sind neue Grenzen festgelegt worden, damit alle Kinder immer in Sichtweite des Hauses sind. Die Kinder sagen dazu „Coronagrenzen“, gemeint ist der Straßenabschnitt von der Ziegenwiese bis zur hinteren Kreuzung.
Andere Freizeitaktivitäten außerhalb wie der Besuch vom Judokurs, dem Kinderturnen, dem Kinderchor oder auch Ausflüge ins Schwimmbad etc. finden aktuell natürlich nicht statt. Zum Glück haben wir angenehme Temperaturen, so kann bei uns die Haustür offen bleiben und die Kinder haben relativ viel Freiraum für ihr Bewegungsbedürfnis und ihre Unternehmungslust.
Wie viele Mitarbeiter seid ihr und wie kommen die Kinder mit den wechselnden Bezugspersonen klar?
Wir sind insgesamt acht Mitarbeiter: sechs pädagogische Fachkräfte, dazu eine Hauswirtschaftskraft und ein Praktikant. Die Zahl klingt zunächst nach viel Unruhe. Es ist aber inzwischen absolut gelungen, dass eine sehr familiäre Atmosphäre im Haus besteht. Dazu trägt die klare Alltagsstruktur und die genauen Absprachen im Team bei. Regelmäßig findet ein „Kinder-Teamgespräch“ statt. Hier können die Kinder in Begleitung der Mitarbeitenden ihre eigenen Ideen, ihre Vorschläge und Wünsche einbringen. Und auch Regeln miteinander besprechen und festlegen.
Außerdem hat jedes Kind einen zuständigen Bezugsbetreuer. Dieser ist speziell für die individuelle Situation des Kindes zuständig und stellt auch den Ansprechpartner für z. B. die Schule, den Kindergarten, die Eltern, den Verein etc. dar.
Wer bereitet bei euch das Essen?
Unter der Woche ist dafür unsere Hauswirtschaftskraft zuständig. Die Kinder haben natürlich dabei auch Aufgaben der Mithilfe. Am Wochenende werden die Mahlzeiten von den Kindern gemeinsam mit den Betreuern zubereitet, daran haben die Kinder sehr viel Freude.
Erlebt ihr auch Skepsis oder Unsicherheiten im Dorf?
Ja, das gibt es auch. Wir wünschen uns sehr, dass die Menschen uns ansprechen und mit Fragen auf uns zukommen! Es gibt negativ besetzte Begriffe wie z. B. „Heimkinder“ oder „schwer erziehbar“. Natürlich hat ein Kind, welches aus seiner Herkunftsfamilie ausziehen muss, einen besonderen und auch schwierigen Hintergrund. Es ist aber keineswegs aus diesem Grund automatisch „schwer erziehbar“.
Zum Start in unserem Haus haben wir das große Glück, eine altersmäßig gut passende Gruppe von wirklich tollen Kindern beherbergen zu dürfen. Die Betreuung dieser Kinder ist eine dankbare und schöne Aufgabe und wir alle vom Team der Wohngruppe Hömberg freuen uns über die gelungene Eingewöhnungszeit.
Wo kann man sich denn mit Fragen melden?
Mit Fragen melden Sie sich gerne telefonisch unter 02604/ 3724470 oder kommen Sie einfach bei uns in der Gartenstraße 6 vorbei. Auch per Email können Sie Kontakt aufnehmen: wghoemberg@evim.de
Wir freuen uns über jeden persönlichen Kontakt!
Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Ortsbeirates! (3.6.2020)